Endoskopie und technische Innovation gehören seit jeher zusammen. Technische Innovationen haben die Endoskopie beflügelt wie kaum einen anderen Zweig in der Medizin. Immer folgte der Phase der Erstentwicklung die Phase der Optimierung, was den Übergang einer Technik in die klinische Routine erlaubte.

Starre Endoskope ermöglichten erstmals die Betrachtung des oberen Aerodigestivtrakts am Lebenden durch das Einspiegeln von Licht vor mehr als 100 Jahren. Damit wurde die Untersuchung und Behandlung von Erkrankungen des Pharynx und Larynx, der Trachea und des Ösophagus revolutioniert: Operationen über einen externen Zugang konnten vermieden oder wenigstens besser geplant werden. Durch die stetige Verbesserung der Lichtquellen sowie die Entwicklung von Staboptiken und Lichtleiterkabeln wurde diese Technik soweit optimiert, dass sie auch heute noch eine Routinetechnik darstellt, z. B. zur Bergung von Fremdkörpern im Kindes- und Erwachsenenalter.

Starre Endoskope ermöglichten erstmals die Betrachtung des oberen Aerodigestivtrakts am Lebenden

Der nächste Sprung wurde vor etwa 50 Jahren durch die Entwicklung flexibler Endoskope ausgelöst, mit denen insbesondere Magen und Darm zugänglich gemacht werden konnten. Sie haben aufgrund der reduzierten Morbidität starre Techniken bei vielen Indikationen abgelöst. Hochfrequenzchirurgie und Laser ermöglichten minimal-invasive Operationen. In den vergangenen 10 Jahren wurde die Bildqualität durch die Einführung digitaler Techniken wesentlich verbessert und erlaubt heute maximale Vergrößerungen auch extrem kleiner Strukturen.

Für die HNO-Heilkunde ergeben sich im interdisziplinär befruchtenden, aber auch kompetitiven Umfeld der Endoskopie aus meiner Sicht 2 Schwerpunkte:

  • einerseits die konsequente und flächendeckende Etablierung der endoskopischen Routine mit starren und flexiblen Instrumenten;

  • andererseits das Vorantreiben neuer endoskopischer Arbeitsfelder.

Nur so können wir eine breite endoskopische Expertise für die HNO-Heilkunde erhalten und weiterentwickeln.

Ein Beispiel ist die perkutan-endoskopische Gastrostomie, welche mittlerweile zur Routine vor Einleitung einer Radiochemotherapie im Kopf-Hals-Bereich gehört. In den HNO-Kliniken, die nicht über flexible Instrumente verfügen, kann der Eingriff nicht von der HNO durchgeführt werden. Ist die Expertise vorhanden, legen die HNO-Ärzte die PEG selbst, was für die Langzeitbetreuung der Tumorpatienten von Vorteil ist (s. Beitrag von Mantsopoulos et al. in diesem Heft).

Die Erschließung neuer Tätigkeitsfelder umfasst beispielsweise die Miniendoskopie kleiner Kanäle (s. Beitrag von Koch et al. in der vorliegenden Ausgabe), bei der wir je nach Lokalisation noch völlig am Anfang (Tränenwege) bzw. an der Schwelle zu ihrer Etablierung (Speichelgänge) stehen. Hier bietet sich erneut die Chance, bisher transkutan geführte Operationen zum Wohle unserer Patienten durch minimal-invasive, endoskopische Verfahren zu ersetzen. In der Schlafmedizin – ein ebenfalls interdisziplinäres Fach – sind die Erfolge der chirurgischen Behandlung der Schlafapnoe nach wie vor unbefriedigend, was uns berechtigter Kritik der Nachbardisziplinen aussetzt. Die Videoendoskopie des Pharynx in Sedierung (s. Beitrag von Maurer u. Hörmann in dieser Ausgabe) stellt zwar keine vollständig neue Technik per se, jedoch einen neuen endoskopischen Untersuchungsgang dar. Eine verbesserte Patientenselektion und damit eine verbesserte Erfolgsrate der Chirurgie bei obstruktiver Schlafapnoe ist das Ziel der aktuellen Forschung.

Endoskopie und HNO gehören untrennbar zusammen

Endoskopie und HNO gehören untrennbar zusammen. Dies Heft soll dazu beitragen, dass dieser Satz auch für die junge Generation von HNO-Ärzten so bleibt.

Viel Freude an der Lektüre wünscht Ihnen

Ihr

Karl Hörmann