Das deutsche Gesundheitssystem gilt zwar als relativ teuer, gehört aber hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit zu den besten der Welt und weist eine hohe Zugangsgerechtigkeit bei der Versorgung auf, wie sie beispielsweise in den USA oder in asiatischen Ländern nicht besteht. Nichtsdestotrotz finden sich auch in Deutschland überraschend große regionale Unterschiede in der Struktur, den Prozessen und der Ergebnisqualität der medizinischen Versorgung. Dies betrifft auch die Dermatologie, wo wir beispielsweise deutliche räumliche Disparitäten in der Häufigkeit chronisch entzündlicher Hauterkrankungen sowie im Vergleich dazu noch deutlich größere Unterschiede in der medikamentösen Versorgung finden.

Zu den Aufgaben der Gesundheitsgeografie gehört es unter anderem, diese regionalen Merkmale der Versorgung zu beschreiben, Unterschiede zu erklären und im Falle von Versorgungsdefiziten Lösungsansätze aufzuzeigen. Die Aufgabe der Gesundheitsgeografie geht dabei weit über die epidemiologische Deskription hinaus. Sie liefert vielmehr – als stark fächerübergreifende Disziplin – erklärende Ansätze unter Berücksichtigung der Versorgungsforschung, der Wirtschaft, der Sozialwissenschaften, der Gesellschaft und der Politik, um die regionalen Phänomene zu beschreiben.

Darüber hinaus berücksichtigt die Gesundheitsgeografie den Einfluss umweltbedingter Assoziationen zu Krankheit und Gesundheit. Auch dieser Themenbereich ist in Deutschland von großer Bedeutung, da sich im Zuge von extremen Wetterlagen und möglicherweise klimatischen Langzeitveränderungen zeitabhängige Verschiebungen im Risiko für Krankheiten und Morbidität sowie Mortalität entwickeln. Dies gilt auch für die Dermatologie, die beispielsweise durch klimatisch bedingte Veränderungen im Pollenflug und damit dem Auftreten allergischer Erkrankungen betroffen ist. Weitere Beispiele sind vektorübertragene Krankheiten wie die Borreliose oder die Langzeitentwicklung der UV-sensiblen Hauttumore. Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung sind zukünftig neben regulatorischen Vorgängen auf regionaler Ebene auch die unterschiedlichen Infrastrukturen wie Zugang zu leistungsfähigen digitalen Netzen eine Quelle von Ungleichheit, womit insbesondere der sehr ländliche Raum benachteiligt wird. Vor diesem Hintergrund der vielen Facetten einer regional geprägten Versorgung stellt das vorliegende Leitthemenheft wichtige Eckpunkte für die Dermatologie dar und zeigt den hohen Mehrwert der gesundheitsgeografischen Forschung für die Dermatologie.