An der Kontaktallergie stirbt man nicht. Das ist einerseits positiv, führt andererseits aber auch dazu, dass ihr nicht die Aufmerksamkeit zuteilwird, die sie verdient. Wie man dem Beitrag von Uter entnehmen kann, haben etwa 25 % der Bevölkerung eine Kontaktsensibilisierung gegen eines der häufigsten Allergene, und die Lebenszeitprävalenz des Kontaktekzems liegt bei 10–15 %. Es handelt sich also um eine weitverbreitete Erkrankung. In jüngster Zeit sind neue und zum Teil überraschende Erkenntnisse zur Pathogenese der Kontaktallergie gewonnen worden, wie Esser und Martin zeigen. Möglicherweise ergeben sich daraus sogar Ansätze für eine kausale Therapie der Kontaktsensibilisierung, die bisher nicht möglich ist. Um ekzemfrei zu bleiben, müssen die Betroffenen „ihr“ Allergen lebenslang meiden. Voraussetzung dafür ist eine zuverlässige und aussagekräftige Diagnostik gemäß der von Dickel und Mahler vorgestellten neuen S3-Leitlinie zur Epikutantestung. Wie Kreft und Geier berichten, klingt die „Epidemie“ der Kontaktallergie gegen Methylisothiazolinon inzwischen ab, während die Sensibilisierungen gegen andere Konservierungsmittel auf konstant niedrigem Niveau verbleiben. Das in der Öffentlichkeit zum Teil emotional diskutierte Problem der Duftstoffallergie reduziert sich bei genauer Betrachtung auf einige wenige Substanzen, wie die Datenanalyse zeigt, die Geier und Brans vorstellen. Ein spezielles Thema hat der Beitrag von Wagner, Kamann und Oppel: Die moderne Kontrolle und Therapie des Diabetes mellitus beinhaltet auch auf der Haut fixierte Glukosemesssysteme und Insulinpumpen. Leider kann der verwendete Klebstoff Isobornylacrylat ein allergisches Kontaktekzem verursachen. Die Suche nach dem verantwortlichen Allergen gestaltete sich schwierig, weil die Sensibilisierung mit den üblichen Testsubstanzen nicht erkannt wurde.

Damit sind wir bei einem Thema, das der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG) und dem Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) besonders am Herzen liegt: Wie kann man es erreichen, dass die Diagnostik der Kontaktallergie mit der Entwicklung der sich ändernden Exposition Schritt hält? Seit 15 Jahren sind in Deutschland keine wirklich neuen Epikutantestsubstanzen zugelassen worden! Die Gründe sind vielfältig: Die gesetzlichen Hürden für die Zulassung neuer Testzubereitungen sind hoch, deren Entwicklung dementsprechend teuer. Selbstverständlich wollen wir alle sichere und zuverlässige Epikutantestsubstanzen, aber wäre es – angesichts des geringen Gesundheitsrisikos für die Patienten – nicht möglich, an der einen oder anderen Stelle Abstriche zu machen? Mit der Herstellung und dem Vertrieb von Epikutantestsubstanzen verdient man nicht viel Geld; daher scheuen die Anbieter die hohen Entwicklungskosten und müssen aus wirtschaftlichen Gründen ihr Angebot an der Nachfrage orientieren. Je weniger wir epikutan testen, desto mehr wird sich das Angebot reduzieren. Aber auch Ärzte unterliegen wirtschaftlichen Zwängen. Solange die Epikutantestung von den gesetzlichen Krankenversicherungen nicht angemessen honoriert wird, generiert man mit jeder Testung ein Defizit, das andernorts aufgefangen werden muss. Hier stellt die gesetzliche Unfallversicherung eine löbliche Ausnahme dar, die den Wert einer umfassenden und qualitativ hochwertigen Diagnostik der berufsbedingten Kontaktallergie erkannt hat und dementsprechend auch finanziell honoriert. Es gäbe also verschiedene Ansatzpunkte, um die Situation zu verbessern. Sowohl aus klinischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht wäre es ein guter erster Schritt, die Zulassungsanforderungen für neue Epikutantestsubstanzen so zu verändern, dass Neuentwicklungen von Testsubstanzen wieder wirtschaftlich möglich sind. Bisher sind wir Dermatologen und Allergologen mit diesem Anliegen jedoch bei den verantwortlichen Politikern nicht durchgedrungen. Wie gesagt: Die Kontaktallergie bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient, denn an der Kontaktallergie stirbt man nicht.

Ihre

Johannes Geier

Heinrich Dickel