Autoimmunerkrankungen der Haut sind längst nicht mehr ein Buch mit sieben Siegeln. Seit Paul Ehrlichs Diktum vom „Horror autotoxicus“ haben wir viel gelernt über die Entstehung, Pathogenese und vor allem auch immunologische Regulation von Autoimmunerkrankungen im Allgemeinen und natürlich auch auf spezifische Entitäten bezogen.

Die Dermatologie hat ganz wesentlich dazu beigetragen, Entzündungsprozesse der Haut, die auch bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen wesentlich beteiligt sind, besser zu verstehen und auch therapeutisch anzugehen. Das allen geläufige Beispiel ist die Entwicklung von Biologika (TNF-Blocker, Zytokininhibitoren etc.) bei der Psoriasis, rheumatologischen und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Nicht zuletzt hat die Einführung potenter zielgerichteter Systemtherapien zu einem Paradigmenwechsel der Therapie entzündlicher Hauterkrankungen geführt – mehr Systemtherapie, kürzere Therapiezeiten bis zur klinischen Remission und eine deutlich verbesserte Lebensqualität unserer Patienten!

Durch das verbesserte Pathogeneseverständnis blasenbildender Autoimmunerkrankungen, des Lupus erythematodes und weiterer Kollegenbindegewebeerkrankungen, kutaner und systemischer Vaskulitiden, der Psoriasis etc. besteht heute die Möglichkeit, die Prognose dieser Erkrankungen deutlich zu bessern und damit betroffenen Patienten eine bessere Lebensqualität zu verschaffen. Zielgerichtete Systemtherapien sind heutzutage auch nicht mehr nur eine Domäne spezialisierter Kliniken, sondern kommen auch in Schwerpunktpraxen vielen Patienten zugute. Auch diese Entwicklung ist eine wesentliche Bereicherung der klinischen Dermatologie.

Im aktuellen Leitthemenheft werden die wesentlichen Autoimmunerkrankungen der Haut vorgestellt mit dem aktuellen Stand des Wissens zur Pathogenese, Diagnostik und den daraus resultierenden Therapieansätzen. Der Pemphigus als Prototyp einer blasenbildenden Autoimmunerkrankung kann insgesamt als Modellerkrankung für antikörpervermittelte Entzündungserkrankungen gewertet werden. In den letzten Jahren haben zielgerichtete Therapieansätze die Prognose dieses schweren Krankheitsbildes revolutioniert – wie die Inhibition pathogener B-Zellen durch Rituximab, die Depletion pathogener Autoantikörper durch Immunadsorption oder die Gabe intravenöser Immunglobuline.

Mittlerweile sind wir im Stadium der pathogeneseorientierten Therapie von Autoimmunerkrankungen angekommen.

Die Pemphigoide können als Modellerkrankungen eines altersbedingten immunologischen Toleranzverlustes angesehen werden und gewinnen zunehmend an Bedeutung aufgrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung. Basierend auf dem verbesserten Pathogeneseverständnis verfügen wir heute über eine wesentlich sensitivere und spezifischere Diagnostik, die zeigt, dass die Pemphigoide ca. 10- bis 20-mal häufiger sind als bislang angenommen. Auch hier gibt es neue pathogenesebasierte Therapieansätze, die zeigen, dass topische antientzündliche Therapieansätze die Prognose dieses Krankheitsbildes deutlich verbessern.

Jeder Dermatologe sollte ein profundes Verständnis des klinischen Spektrums von Gefäßerkrankungen haben. Auch bei vielen systemischen Vaskulitiden treten kutane Symptome auf, die eine wegweisende Funktion für die weitere Diagnostik haben. Auch hier hat ein verbessertes Pathogeneseverständnis zu zielgerichteten Therapieansätzen geführt, welche die Prognose dieser Krankheitsbilder deutlich verbessern. Die systemische Sklerodermie ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Pathogenese von Autoimmunerkrankungen sehr komplex sein kann und deshalb multimodale Therapieansätze vonnöten sind, u. a. antientzündliche, antifibrotische sowie antivaskulopathische. Die verbesserte serologische Diagnostik bietet mittlerweile eine wesentliche Orientierungshilfe für die Gesamtprognose und spezifische Therapieansätze dieses Krankheitsbildes. Auch bei der Dermatomyositis hat die verbesserte Diagnostik wesentlich dazu beigetragen, dieses zum Teil klinisch und ätiopathogenetisch heterogene Krankheitsbild besser zu erkennen. Auch hier haben zielgerichtete Therapieansätze wie die Gabe intravenöser Immunglobuline bzw. die Gabe des B-Zell-depletierenden Antikörpers Rituximab zu deutlichen therapeutischen Fortschritten geführt. Selbst der Lupus erythematodes, eher wohl als ein Symptomkomplex denn als eigenständige Erkrankung zu verstehen, ist pathogenetisch zunehmend besser verstanden. Bei dieser Erkrankung haben wir gelernt, dass neben der adaptiven T- und B-Zell-abhängigen Autoimmunantwort auch autoinflammatorische Prozesse über die Aktivierung des Inflammasoms, ganz wesentlich zur Entstehung dieses Krankheitsbildes beitragen. Neue Therapieansätze zielen daher auf die Hemmung der Autoinflammation ab, betonen aber zugleich auch die Bedeutung eines suffizienten Lichtschutzes, um der UV-induzierten Apoptose epidermaler Keratinozyten und der daraus resultierenden Inflammasomaktivierung entgegenzuwirken.

Gerade bei den entzündlichen Hauterkrankungen hat unser Fach enorme Fortschritte gemacht: Durch die Entwicklung zielgerichteter Therapien sind wir nun in der Lage, zentrale Entzündungsprozesse von Hauterkrankungen effektiver und sicherer anzugehen. Dabei ist unsere dermatologische Kompetenz wesentlich, Wohl und Lebensqualität unserer Patienten stehen am Anfang und Ende unserer Bemühungen! Dies ist es wert, dass wir uns weiterbilden und neue pathogenetische Verständnisse entzündlicher Hauterkrankungen in unsere klinische Praxis einfließen lassen.

Prof. Dr. S. Beissert

Prof. Dr. M. Hertl