Herr Professor Dr. med. Dr. med. h. c. Gerd Klaus Steigleder begeht am 25. Januar seinen 90. Geburtstag. Er ist einer der großen Dermatologen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und wir sind stolz, seine Schüler gewesen zu sein (Prof. Dr. G. Mahrle 1969–1975 und seit 1984; Prof. Dr. H. Merk seit 1982).

Elternhaus, Schule und Studium

Professor Steigleder wurde in Fulda geboren, seine Familie stammte aber ursprünglich aus der Gegend beidseits der Mosel. Sein Vater war Oberstudienrat Dr. phil. Klaus Steigleder. Sicherlich hat sein Elternhaus nicht unwesentlich zu seiner preußischen Pflichtauffassung wie Arbeitsdisziplin und Geradlinigkeit, verbunden mit Einfühlungsvermögen und Kollegialität beigetragen. So ist es nicht verwunderlich, dass er alle seine Prüfungen und Berufungen bereits in besonders jungen Jahren absolvierte.

Nach dem Besuch des humanistischen Kaiser-Friedrich-Gymnasiums in Frankfurt und dem Abitur 1943 erfolgte ein Medizinstudium in Frankfurt und Marburg. Trotz kurzer Unterbrechung durch Arbeits- und Wehrdienst legte Herr Professor Steigleder das medizinische Staatsexamen 1948 mit der Note „sehr gut“ ab und promovierte noch im selben Jahr mit einer experimentellen Arbeit über die glatte Muskulatur des Nierenbeckens.

Beruflicher Werdegang

Facharztausbildung und Habilitation

Sein breites medizinisches Interesse sowie sein Suchen nach den Grundlagen medizinischer Prozesse und der Pathogenese der Erkrankungen spiegeln sich in seiner weiteren Tätigkeit in Frankfurt wider. So war er in der Anatomie (Prof. Starck), in der physiologischen Chemie (Prof. Riesser) und in der inneren Medizin (Prof. Volhard) tätig, bevor er 1950 seine dermatologische Facharztausbildung bei Herrn Professor Dr. Oscar Gans antrat. Professor Gans war kurz zuvor im Jahr 1949 nach 15-jährigem Exil im Rahmen des jüdischen Exodus auf seinen Lehrstuhl in Frankfurt zurückgekehrt. Er war ein renommierter Dermatohistopathologe, der das Standardwerk über die „Histologie der Hautkrankheiten“ in 2 Bänden 1924/1928 geschrieben hatte. Dieses bedurfte nun einer Neubearbeitung. Professor Steigleder hatte sich im Rahmen seiner Doktorarbeit und seiner Tätigkeit in der Anatomie mit den histologischen Techniken beschäftigt und Gefallen daran gefunden, sodass er der geeignete Mitarbeiter war.

Bereits 1952 habilitierte sich Professor Steigleder über „Die Struktur und Funktion der Akanthose“ im Alter von 27 Jahren als jüngster Privatdozent der Medizin in Deutschland. Wie er selbst schreibt, war er daran interessiert, Struktur und Funktion in Einklang zu bringen. Er untersuchte histochemisch die Lokalisation verschiedener Enzyme, u. a. unspezifische Esterasen sowie Ribonukleinsäuren und Glukoproteine in der normalen und akanthotischen Epidermis. Er entdeckte u. a., dass die Haut von einem Enzymmantel umgeben ist. Durch die Neuauflage des Standardwerks über die Histologie der Hautkrankheiten in 2 Bänden (Springer, Berlin 1955 und 1957) zusammen mit Oscar Gans sowie die beiden umfangreichen Handbuchbeiträge (in Gottron und Schönfeld) „Allgemeine Pathologie der Haut“ und „Histologische Techniken in der Dermatohistologie“ 1961 festigte er seinen Ruf als führender Dermatohistopathologe seiner Zeit. Im Jahr 1958 wurde er zum apl. Professor ernannt.

Auslandserfahrung

Professor Steigleder war 1956/1957 für ca. ein halbes Jahr Gastprofessor bei Professor Dr. Stephen Rothman, Chef der Dermatologie an der Universität in Chicago. Professor Rothman war der Protagonist der Grundlagenforschung in der modernen Dermatologie, der ein Standardwerk über „Physiology and biochemistry of the skin“ geschrieben hat. Im Jahr 1959 folgte Professor Steigleder der Einladung von Professor Dr. C.T. Nelson, Direktor der Dermatologie an der Columbia Universität in New York, dort als „staff member and assistant professor“ zu arbeiten. Die folgenden 2 Jahre waren die wichtigsten für seine persönliche und berufliche Entwicklung. Schon wenige Monate nach seiner Ankunft übernahm er die Leitung des histologischen Labors. Er beschäftigte sich u. a. weiterhin mit den Esterasen in und auf der Haut und den dermalen Mukopolysacchariden. Als neue Technik wurde die Mikroradiographie an Hautschnitten eingesetzt.

Wenn man mit Herrn Professor Steigleder über seine Zeit in den USA spricht, so erfährt man, dass er diese Zeit sehr genossen hat. Seine Kompetenz in der Histopathologie hat ihm eine große Reputation eingebracht. Er war ein gefragter Gesprächspartner und Referent. Er liebte den Unterricht und die Gespräche mit den Studenten. Professor Nelson hat ihn immer unterstützt. Er und seine Frau Inge, mit der er seit 1955 verheiratet ist, hatten sich gut eingelebt und viele Freunde. Sie trugen sich mit dem Gedanken, in den USA zu bleiben, doch es sollte anders kommen.

Rückkehr nach Deutschland und Ernennung zum Direktor der Universitäts-Hautklinik Köln

Franz Herrmann, der 1933 emigrierte und auch ein Schüler von Oscar Gans in Frankfurt war, war zum Zeitpunkt, als sich Steigleder in New York aufhielt, Direktor der Abteilung für experimentelle Dermatologie in der Skin and Cancer Unit, New York. Steigleder kannte ihn schon länger und gut. Als Franz Hermann 1961 der Nachfolger von Oscar Gans auf dem Lehrstuhl für Dermatologie in Frankfurt wurde, ging Steigleder mit. Steigleder schätzte ihn nicht nur als hervorragenden Kliniker, sondern auch als Biochemiker, der sich besonders mit der Analyse der Hautfette befasste. Drei Jahre nach der Rückkehr aus den USA wurde Professor Steigleder 1964 zum Direktor der Universitäts-Hautklinik Köln berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1990 tätig war.

Er gewann die Professoren Dr. Helmut Tritsch und Dr. Heinz Gartmann, beide aus Heidelberg, als gestandene Kliniker für seine Führungsmannschaft. Dazu stießen Professor Dr. Wolfgang P. Herrmann aus Hamburg und nach seiner Habilitation Prof. Dr. Constantin Orfanos. Ihre unterschiedliche Ausbildung, dermatologische Schulung, ihre wissenschaftlichen und klinischen Schwerpunkte sowie die verschiedenen Temperamente einerseits und ihre gemeinsame Richtung, das Beste für die Klinik zu erreichen, sowie ihr großes fachliches Wissen und ihre Erfahrung andererseits waren Anlass für viele interessante Diskussionen und hilfreiche Anregungen.

Publikationen, Forschung und Lehre

Herr Professor Steigleder hat mehr als 600 Publikationen vorgelegt, die die Breite seines Wissens und Interesses sowie seine Originalität zeigen. Im Jahr 1962 publizierte er mit J.H. Menkes et al. den ersten Fall eines Menkes-Syndroms. Weitere Erstbeschreibungen sind 1966 der erste Patient mit Autoimmunreaktionen gegen Progesteron, 1968 die rosazeaartige Dermatitis und 1974 zusammen mit Gartmann und Linker die retikuläre erythematöse Muzinose (REM). Er beschrieb zusammen mit Hiernickel et al. 1985 die Gewinnung und Perfusion eines Hautlappens in vitro, um Tierteste einzuschränken, und zusammen mit dem physikalischen Institut Bochum 1987 die erste Anwendung der PIXE-Technik in der Dermatologie. Seine weiteren publikatorischen Schwerpunkte waren die Psoriasis, z. B. zur Optimierung der Therapie mit Anthralin, Cyclosporin- vs. Etretinat und UV-Bestrahlung, sodann die Tumoren, insbesondere das Melanom und das Lymphom, und schließlich die Allergologie, z. B. die Penizillinallergie.

Seine Taschenbuchreihe über die Dermatologie, erschienen im Thieme Verlag, wurde ein Bestseller und in mehrere Sprachen übersetzt: „Dermatologie und Venerologie“ (seit 1972 6 Auflagen), „Therapie der Hautkrankheiten“ (seit 1977 4 Auflagen) und „Taschenatlas der Dermatologie“ (seit 1981 3 Auflagen).

Professor Steigleder war dem Neuen sehr aufgeschlossen und hat seine Mitarbeiter immer unterstützt. So gingen 1973 von Köln maßgebende Aktivitäten zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Forschung (ADF; Prof. Orfanos) und 1977 zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Dermatochirurgie (DGDC), früher Vereinigung Operative Dermatologie (VOD; Prof. Tritsch), aus, die anfangs nicht ohne Widerspruch blieben. Unter Mithilfe von H. Gartmann, H. Pullmann und H.J. Schulze wurden seit 1962 regelmäßige Dermatohistologentreffen in Köln abgehalten, die 1989 zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Dermatohistologie (ADH) führten, deren Ehrenpräsident Steigleder ist. Er wurde mit der Gustav-Simon-Plakette von der ADH ausgezeichnet und ist Namensgeber eines von der ADH turnusmäßig verliehenen wissenschaftlichen Preises.

Professor Steigleder hatte ein besonderes Gefühl für wichtige neue Entwicklungen auf unserem Fachgebiet. Er etablierte schon früh eine HIV-Sprechstunde, die erste in Nordrhein-Westfalen, mithilfe seiner beiden Mitarbeiter Sterry und Rasokat. Diese Aktivitäten fanden u. a. ihren Niederschlag in den beiden Bänden G.K. Steigleder, H. Rasokat, F. Bofinger (1987) AIDS lexikatorisches Kompendium der Medizin, Aewopus, Köln, sowie G.K. Steigleder und H. Rasokat (1990) Haut- und Schleimhautveränderungen bei HIV- Infektionen und AIDS. Thieme, Stuttgart.

Beliebt waren die regelmäßig stattfindenden Kölner Dermatologen-Abende (KDA), bei denen Patienten noch persönlich vorgestellt wurden und an denen auch unsere Freunde aus den Beneluxländern gerne und häufig teilnahmen. Es wurden regelmäßige Symposien über RAST und verwandte Teste in Köln abgehalten und die Ergebnisse in Proceedingbänden festgehalten.

Professor Steigleder war von 1968 bis 1970 Medizinischer Direktor der Universitäts-Kliniken Köln und von 1970–1971 Dekan der Medizinischen Fakultät. Er war von 1971 bis 1980 Generalsekretär und von 1980 bis 1982 Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Im Jahr 1977 fand der DDG-Kongress in Köln statt. Er war Mitglied zahlreicher in- und ausländischer Fachgesellschaften und ist noch heute bei vielen deren Ehrenmitglied. Er ist Mitglied der Leopoldina. Von 1981 bis 1992 war er Herausgeber der Zeitschrift für Hautkrankheiten, jetzt Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.

Viele Ehrungen wurden ihm zuteil. Hier seien nur die Herxheimer-Medaille, die höchste Auszeichnung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, und die Verleihung des Dr. h. c. durch die Universität Szeged/Ungarn erwähnt.

Tätigkeiten nach Emeritierung und Ruhestand

Nach seiner Emeritierung 1990 betrieb er eine Privatpraxis, bis er diese 2011 an eine Kollegin, die schon länger mit ihm zusammenarbeitete, übergab. Auch während dieser Zeit hat er die Histopathologie seiner Patienten weiter selbst beurteilt und die entsprechenden Expertentreffen besucht. Er nahm regelmäßig an den Treffen des Unna-Darier Club (Collegium Dermatopathologicum) teil.

Professor Steigleder wohnt ca. 10–15 min von der Universitätsklinik entfernt. Er kam jeden Morgen zu Fuß in die Klinik und stieg die 10 Stockwerke zu seinem Büro die Treppe hoch. Auch einem Jüngeren, der ihn begleitete, konnte es passieren, dass er bei dem vorgelegten Tempo leicht aus der Puste kam. Zusammen mit der Fürsorge seiner lieben Frau Inge ist es nicht verwunderlich, dass er noch so fit ist und mindestens 20 Jahre jünger aussieht.

Lieber Herr Professor Steigleder, wir möchten Ihnen – auch stellvertretend für viele Ihrer dankbaren Schüler – zu Ihrem Geburtstag sehr herzlich gratulieren und hoffen, dass Sie – besonders Ihren 6 Enkelkindern – noch viele Jahre mit Rat und Tat zur Verfügung stehen.

Im Oktober 2014

Prof. Dr. Gustav Mahrle, Köln

Prof. Dr. Hans Merk, Aachen

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Ärzte der Universitäts-Hautklinik (1983). Prof. Steigleder in der 2. Reihe Mitte (Vierter von links), links von ihm Prof. Tritsch (Dritter von links), rechts von ihm Prof. Gartmann und Prof. Merk (Vierter und Dritter von rechts)