Hormone spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und der physiologischen Funktion der menschlichen Haut. Humane Hautzellen besitzen hormonspezifische Rezeptoren und sind Ziele mehrerer Hormone mit bekannten Wirkungen. Aus der Sicht der modernen Dermatoendokrinologie wird allerdings die Haut nicht nur als Empfänger von Signalen entfernter Drüsen betrachtet. Sie ist auch eine organisierte Zellgemeinde, in der Zellen und Organellen den übrigen Organen des Körpers molekulare Signale mit endokrinologischer Funktion senden.

Die Dermatoendokrinologie ist innerhalb der klinischen und experimentellen Dermatologie etabliert

Das Interesse der Dermatologen an den komplexen endokrinen Eigenschaften der menschlichen Haut wurde erst in jüngster Zeit erweckt. Die deutsche Dermatologie hat dabei eine Pionierrolle gespielt: Die Gründung der Arbeitsgruppe (AG) Dermato-Endokrinologie der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Forschung (ADF) im Jahr 2001 und die seitdem alljährlichen ganztägigen Tagungen als Satelliten-Symposium zur ADF und die Veröffentlichung der Abstracts am Anfang in der Aktuellen Dermatologie und später in Experimental Dermatology, die Gründung des Arbeitskreises (AK) Dermato-Endokrinologie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), die zahlreichen thematischen Publikationen und Sonderhefte in verschiedenen wissenschaftlichen Journalen, die Etablierung eines eigenen englischsprachigen Journals, der Dermato-Endocrinology, im Jahr 2009 und nicht zuletzt die Aufnahme dieses Spezialgebiets in der Weiterbildungsordnung des Faches Dermatologie und Venerologie durch die DDG haben wichtige Impulse gegeben und die Dynamik der Dermatoendokrinologie innerhalb der Dermatologie unterstrichen. Kaum ein Spezialgebiet des Faches hat in den letzten Jahren eine solche positive Entwicklung erfahren. Aktuelle Erkenntnisse über die Expression und Funktion selektiver Hormonrezeptoren, die Synthese wichtiger Hormone und Hormongruppen, den gut organisierten Stoffwechsel, die Aktivierung und die Inaktivierung von Hormonen in spezialisierten Hautzellen, die Ausübung biologischer Aktivität und die Freisetzung peripher produzierter Hormone in den Blutkreislauf rechtfertigen die Betrachtung der Haut als endokrines Organ und wurden gerade in den letzten Jahren, auch von deutschen Wissenschaftlern und Klinikern – Mitglieder der AG und des AK – erforscht.

Darüber hinaus hat die Etablierung der Dermatoendokrinologie die Vernetzung unseres Faches mit anderen verwandten Fächern wie der Endokrinologie, Neurologie, Gynäkologie und Andrologie, intensiviert und auf gleiche endokrinologische Augenhöhe gebracht. Wie andere erfolgreiche Teilgebiete des Faches, wie z. B. die Dermatoimmunologie oder die Dermatoonkologie, hat die Dermatoendokrinologie die Kooperation mit allen wissenschaftlichen Grundlagefächern gesucht und bedeutende Zusammenarbeiten innerhalb der klinischen und experimentellen Dermatologie aufgebaut.

Dermatoendokrinologische diagnostische und therapeutische Prozeduren sind den Dermatologen stets gegenwärtig

Lipide, Proteine, Vitamine oder medikamentös eingesetzte Substanzen können in endokrinologischem Sinne durch parakrine, autokrine, intrakrine und klassisch endokrine Mechanismen ihre pleiotropen Wirkungen entfalten.

Auch die Fähigkeit der Haut, Hormone umzuwandeln und Metaboliten mit potenziell systemischer Aktivität zu produzieren, hat unser Verständnis von der Rolle der Haut als Sentinelorgan der Homöostase und der Pathologie des gesamten menschlichen Organismus bereichert. Andererseits sind pharmakologische und therapeutische Funktionen von hormonaktiven Molekülen, ihren Rezeptoren und Antagonisten den Dermatologen bekannt. Sie werden mit den Wirkungen und Nebenwirkungen von Kortikosteroiden, Androgenen, Antiandrogenen, Östrogenen, der Vitamine A und D und der Retinoide häufig konfrontiert.

Dieses Leitthemenheft hat zum Ziel, einen weiteren Beitrag bei der breiten Fortbildung auf dem Gebiet der Dermatoendokrinologie zu leisten. Es werden aktuelle Aspekte des Gebietes von Experten besprochen, nämlich

  • die Rolle der Talgdrüse als „Gehirn der Haut“ und der Hormone für die Akne,

  • die kardinale Bedeutung des Vitamin D, das in der Haut produziert wird, für die Gesundheit des Menschen,

  • die Regulation des Haarfollikels durch Hormone,

  • die Stellung der Neurohormone in der Vermittlung molekularer Signale der Haut und als innovative Medikamente und „last-but-not-least“

  • die Beeinflussung von Wundheilung und der Hautalterung durch Hormone.

Wir hoffen, dass Sie die genannten Artikel interessant und informativ finden. Wir möchten Sie herzlich einladen, mit uns den Enthusiasmus für die Dermatoendokrinologie als ein innovatives, wissenschaftlich und klinisch hochinteressantes Tätigkeitsgebiet für den Dermatologen mit vielversprechenden Zukunftsperspektiven zu teilen!

Ihre

Prof. Dr. C.C. Zouboulis

Prof. Dr. J. Reichrath