Liebe Leserinnen und Leser!

Das Leitthemenheft „Erkrankungen der einsehbaren Schleimhäute“ befasst sich schwerpunktmäßig mit Veränderungen an Mund- bzw. Genitalschleimhaut sowie zum Teil an den Konjunktiven. Das weite Spektrum machte es notwendig, beispielhaft einige Erkrankungsgruppen herauszugreifen.

Nicht selten hört man von Patientinnen und Patienten den Kommentar „Ich habe nicht gewusst, dass Veränderungen im Mund bzw. im Genitalbereich zum Hautfach gehören“, und es ist leider noch keine Selbstverständlichkeit, dass Kolleginnen und Kollegen in der Spezialität Dermatovenerologie bei einer Gesamtuntersuchung jedes Mal auch die einsehbaren Schleimhäute mit beurteilen. Dabei fällt natürlich ins Kalkül, dass bei Erkrankungen der genannten Schleimhautregionen tatsächlich Kolleginnen und Kollegen in den Schwesterdisziplinen wie der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, der Zahnheilkunde bzw. Gynäkologie und Urologie konsultiert werden. Dies fordert zu interdisziplinärer Zusammenarbeit auf, die meist auch sehr gut funktioniert.

Eine eiserne Regel gilt bei Krankheitserscheinungen an den einsehbaren Schleimhäuten in derselben Weise wie für das gesamte Integument: Ist die Erkrankung klinisch nicht eindeutig zuzuordnen bzw. von vornherein bereits klar zu klassifizieren oder entspricht der Behandlungserfolg (bei entsprechender Compliance der Patientinnen und Patienten) nicht Ihren Erwartungen als behandelnde Ärztin oder behandelnder Arzt, dann ist eine Probeexzision (oft mit Immunfluoreszenz – optischer Untersuchung bzw. sequenziell) eine Conditio sine qua non.

Der erosive Lichen ruber der Mundschleimhaut, der von Michael Sticherling in seinem Beitrag über die Schleimhautbeteiligung bei papulosquamösen Erkrankungen in bewährter Weise dargestellt ist, beschreibt in sich beispielhaft 2 besondere Eckpunkte der Schleimhauterkrankungen: Einerseits sieht man bei den betroffenen Patientinnen und Patienten die Veränderungen an der Mundschleimhaut (oder Genitalschleimhaut) beim alltäglichen Kontakt nicht (also eine kosmetisch nicht beeinträchtigende Erkrankung!), andererseits können die Erosionen sprechen, essen und trinken in einer Weise beeinträchtigen, dass die Kommunikation behindert und ein Gewichtsverlust die Folge ist.

Im Beitrag von Johann Beck-Mannagetta ist der wichtigste Punkt die Früherkennung von Vorstufen (Erythroleukoplakie) des häufigsten malignen Tumors der Mundschleimhaut, nämlich des Plattenepithelkarzinoms. Diagnostisch bedeutet immer noch die repräsentative Probeexzision das richtige Vorgehen, und auch therapeutisch ist die Operation mit möglichst vollständiger Entfernung von Tumorzellen die Therapie der Wahl. Zielführend wäre natürlich eine Aufklärungskampagne, dass Tabak und Alkohol ursächlich mit der Entstehung des Mundhöhlenkarzinoms in Verbindung stehen!

Die Arbeitsgruppe von Reinhard Kirnbauer behandelt in ihrem Beitrag über HPV-Infektionen der Mund- und Genitalschleimhaut die Möglichkeiten der primären Prävention durch HPV-Vakzine (CervarixTM, GardasilTM). Dies ist ein heftig diskutiertes Thema und daher von großem Interesse. Auch die Entwicklung einer potenziellen Breitspektrumvakzine gegen mukosale Hoch- und Niedrig-Risiko-HPV-Typen wird angesprochen.

Susanna Fistarol und Peter Itin zeigen in einer beeindruckenden Übersicht die Bedeutung von Mundschleimhautveränderungen in der Diagnose des enormen Spektrums von Systemerkrankungen. Herausgreifen möchte ich z. B. das primäre Sjögren-Syndrom, das 3–4% der über 50-jährigen Frauen trifft, oft sehr spät diagnostiziert wird und bei dem das Risiko für die Entwicklung eines lymphoretikulären Malignoms um das 44-Fache erhöht ist.

Martin Laimer bespricht die Mund- und Genitalschleimhautbeteiligung sowie Bindehauterkrankungen bei blasenbildenden Dermatosen und stellt den teils fatalen Krankheitswert mit eindrucksvollem Bildmaterial dar. Bei der Therapie fasst er einen weiten Bogen von molekularbiologischen Ansätzen (z. B. Ex-vivo-Gentherapie) bei Genodermatosen bis hin zur äußerst teuren, aber sehr effektiven Kombinationstherapie von i.v. verabreichten Immunglobulinen sowie Rituximab.

Wussten Sie übrigens, was eine „strawberry gingivitis“ ist?

Wenn nicht, lesen Sie die Beiträge in diesem Themenheft!

Ihr H. Hintner