Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Frage, ob und – wenn ja – unter welchen Bedingungen Ärzte rein ästhetische Interventionen vornehmen sollen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der besondere Charakter des ärztlichen Berufes und die Notwendigkeit des „antizipatorischen Systemvertrauens“. Überdies werden die ärztlichen Eingriffe zur ästhetischen Verbesserung systematisiert. Ärztliche Eingriffe, die einzig darauf abzielen, gewollte, positiv empfundene Aufmerksamkeit von anderen zu vermehren, sind nach ärztlichem Ethos nicht zwingend geboten. Sie verstoßen jedoch nicht dagegen, sofern hohe Qualitätsanforderungen gewährleistet sind: Die Maßnahmen müssen dem Patienten voraussichtlich nutzen, eine gründliche Aufklärung und die Schadensvermeidung müssen gewährleistet sein. Ästhetische Maßnahmen, insbesondere Operationen, die einzig der Vermehrung gewollter Aufmerksamkeit dienen, sollten bei Kindern und Jugendlichen eng begrenzt werden. Gleichwohl sprechen überzeugende Argumente dafür, bei Kindern und Jugendlichen Stigmatisierungen auch durch medizinisch-ästhetische Maßnahmen zu vermeiden.
Abstract
The article examines the question whether and – if – under which conditions physicians should perform purely esthetic interventions. Starting point of the considerations is the special character of the medical profession and the necessity of the anticipated confidence in the system of medicine. The medical measures for aesthetic improvement are systematized. Medical measures to increase the wanted, positively felt attention of others are not compellingly required according to the medical ethic. Nevertheless they do not offend the ethos if high quality standards are insured: The measures must be presumably helpful for the patient; a thorough informed consent and avoidance of damage must be insured. Esthetic measures, in particular operations which are totally cosmetic, should be limited strictly if performed with children and adolescents. Nevertheless convincing arguments support medical-esthetic measures with children and adolescents to avoid stigmatization.
Notes
Mit der männlichen Form sind stets Menschen beiderlei Geschlecht gemeint.
Literatur
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Wiesing, U. Ethische Aspekte der ästhetischen Medizin. Hautarzt 60, 409–413 (2009). https://doi.org/10.1007/s00105-009-1715-3
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