Bei der akuten mesenterialen Ischämie handelt es sich um eine innerhalb eines kurzen Zeitraums auftretende arterielle oder venöse Durchblutungsstörung des Darmes, die zu einer passageren oder dauerhaften Schädigung bzw. einer Zerstörung des Gewebes im dem Gefäßverschluss vor- bzw. nachgeschalteten Darmabschnitt führt.

Bereits innerhalb einer warmen Ischämiezeit von 6 h kommt es zur Desintegration der Mukosabarriere. Wenn die Perfusion der Darmmukosa nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann, führt die resultierende Hypoxie zu einer Verminderung der Resorption, Motilitätsstörungen, Schleimhautablösungen, Blutungen und letztendlich zur Permeabilitätsstörung mit bakterieller Translokation und septischen Komplikationen. Unbehandelt führt das Krankheitsbild in der Regel zum Tod.

Unbehandelt führt das Krankheitsbild in der Regel zum Tod

Aufgrund unterschiedlicher landesabhängiger Obduktionsraten muss davon ausgegangen werden, dass die mesenteriale Ischämie beträchtlich unterdiagnostiziert wird. Für Europa und die USA kann man davon ausgehen, dass ca. eine von 1000 Krankenhauseinweisungen auf dem Boden einer mesenterialen Ischämie geschieht. Durchschnittlich muss von 6,2 bis 8,7 neuen Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr ausgegangen werden, wobei 69 % der Fälle auf einen akuten arteriellen Verschluss und 15 % der Fälle auf eine nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI) zurückzuführen sind. Die Häufigkeit der mesenterialen Ischämie ist stark altersabhängig, so ist das Krankheitsbild des akuten Abdomens bei den über 70-Jährigen in bis zu 10 % der Fälle durch eine mesenteriale Ischämie bedingt.

Nicht zuletzt aufgrund der häufig uncharakteristischen klinischen Präsentation wird das Krankheitsbild oft zu spät erkannt und nimmt dadurch einen irreversiblen Verlauf, wodurch u. a. die anhaltend hohe Letalität der Mesenterialarterienischämie bedingt ist. Die betroffenen Patienten haben häufig eine kardiale Anamnese mit Tachyarrhythmia absoluta, kürzlich durchgemachter myokardialer Ischämie oder einem bekannten Herzwandaneurysma. Bei einem Herzkranken ist daher zunächst jedes akute Abdomen in hohem Maße suspekt auf einen embolisch bedingten Mesenterialinfarkt. Zur zeitgerechten Diagnosestellung ist daher ein hohes Maß an klinischer Aufmerksamkeit unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben der betroffenen Patienten erforderlich.

Das Therapieprinzip besteht in einer Wiederherstellung der Perfusion des Darmes und der Resektion bereits abgestorbener nekrotischer Darmanteile. Dabei stellen endovaskuläre Intervention und operative Maßnahmen zwei komplementäre Therapieverfahren zur Behandlung der mesenterialen Ischämie dar.

Da es sich bei der mesenterialen Ischämie primär um ein vaskuläres Krankheitsbild handelt, erfordert deren erfolgreiche Behandlung immer multidisziplinäre Behandlungsteams aus Allgemeinchirurgen, Gefäßchirurgen und interventionellen Radiologen, die im Idealfall gemeinsam in einem Hybridoperationssaal die betroffenen Patienten behandeln.

Im Zweifelsfall sollte daher ein Patient rasch in ein entsprechendes Zentrum verlegt werden, in dem rund um die Uhr nicht nur eine Multidetektorcomputertomographie zur raschen Diagnosestellung, sondern auch ein interdisziplinäres Behandlungsteam, vor allem mit den Möglichkeiten der endovaskulären Revaskularisation vorgehalten wird, da es sich bei dem Krankheitsbild grundsätzlich um einen vaskulären Notfall handelt.

Dies ist umso mehr von Bedeutung, da die Überlebenschance von Patienten dramatisch sinkt, je länger die Anamnese andauert. Bei einer Anamnese von weniger als 24 h überleben etwa 50 % der Patienten, bei einer längeren Anamnese nur noch deutlich weniger als 20 %. Die entscheidenden Prädiktoren für den Verlauf einer akuten mesenterialen Ischämie sind dementsprechend die Zeitspannen bis zur Diagnosestellung und zur Revaskularisation. Andere Prognosefaktoren sind die Lokalisation und Genese der akuten mesenterialen Ischämie sowie das Alter und die Komorbidität der betroffenen Patienten.

Das vorliegende Schwerpunktheft der Zeitschrift Die Chirurgie beleuchtet die Thematik der mesenterialen Ischämie umfassend aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Der Beitrag von T. Schreckenbach et al. aus Frankfurt beschäftigt sich mit der Epidemiologie der Erkrankung und dem wichtigen Aspekt der Diagnostik, deren Verzögerung aufgrund der kurzen Ischämiezeit des Darmes fatale Folgen haben kann.

A. Thurner et al. aus der Würzburger Arbeitsgruppe, die über eine hohe Expertise in der interventionellen Therapie der akuten Mesenterialischämie verfügt, behandeln die Thematik der Indikation und Technik der endovaskulären Revaskularisation der Viszeralarterien.

Schließlich stellen F. Adili et al. aus Darmstadt aus gefäßchirurgischer Sicht die Indikation und Technik zur offen-gefäßchirurgischen Revaskularisation der Viszeralarterien dar.

Kommt es trotz einer rechtzeitigen Revaskularisation zu einem Gewebeuntergang mit irreversibler Schädigung der Darmwand besteht die Indikation zur Darmresektion. A. Kania et al. beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Operationsstrategie und operativen Verfahrenswahl zur Darmresektion beim Vorliegen der mesenterialen Ischämie.

Kommt es nach ausgedehnten Resektionen von Dünndarmanteilen aufgrund mesenterialer Ischämie zur Ausbildung eines Kurzdarmsyndroms kann in seltenen Fällen die Indikation zur Dünndarmtransplantation bestehen. Die Arbeitsgruppe aus Münster von A. Pascher behandelt dieses wichtige Thema und berichtet dabei über die eigenen Erfahrungen.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem aktuellen Überblick zu dieser Thematik eine gute praktische Hilfe für Ihre tägliche Arbeit an die Hand gegeben zu haben, und wünschen Ihnen bei der Lektüre viel Spaß.