Innovationen und Weiterentwicklungen der intraoperativen Echtzeitbildgebung in Kombination mit Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) haben in der Viszeralchirurgie in der letzten Zeit wesentlich an Bedeutung gewonnen. Wichtige, primär für das menschliche Auge nicht sichtbare Parameter, wie beispielsweise die Gewebeperfusion und der Lymphabfluss von Tumoren, können direkt intraoperativ visualisiert werden. Der verbundene Informationsgewinn bietet während der Operation wertvolle Entscheidungshilfen. Diese „image-guided surgery“ führt dazu, aufgrund der gewonnenen Ergebnisse der Bildgebungsmodalitäten die chirurgische Strategie zu ändern und den Operationsverlauf zu optimieren.

Ziel ist es, durch den Einsatz dieser invasiven oder nichtinvasiven Verfahren die onkologischen Ergebnisse zu verbessern, postoperative Komplikationen zu reduzieren und die Patientensicherheit zu erhöhen. Die für die onkologische Chirurgie derzeit vielversprechendsten Verfahren sind das Fluoreszenz-Imaging (FI) mit Indocyaningrün (ICG), welches bereits breite klinische Anwendung erfährt, sowie das Hyperspektral-Imaging (HSI) und die multimodale spektroskopische Bildgebung, die sich derzeit noch in einer experimentellen Phase befinden. Aktuelle Fragestellungen fokussieren die Kombination der klinischen Einsatzmöglichkeiten des ICG-FI mit der Anwendung weiterer Modalitäten zur nichtinvasiven intraoperativen Perfusionsanalyse und Gewebedifferenzierung. Darüber hinaus stehen die Integration der neuen Imaging-Verfahren in die gängigen Robotiksysteme sowie automatisierte, KI-gestützte Analysen der bildgebenden Techniken zur intraoperativen Entscheidungsunterstützung im Vordergrund.

Ziel ist es, die onkologischen Ergebnisse zu verbessern und postoperative Komplikationen zu reduzieren

Müller et al. stellen den aktuellen Stand und Perspektiven des ICG-Lymphknotenmappings in der Tumorchirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts dar. Die bisherigen Ergebnisse inklusive Sentinel-Lymphknotenkonzept sind vielversprechend hinsichtlich der potenziellen Verbesserung der onkologischen Qualität, multizentrische Studien stehen jedoch noch aus.

Der klinisch hoch relevanten Fragestellung, ob die intraoperative fluoreszenzgestützte Perfusionsmessung mit ICG eine erhöhte Sicherheit bei gastrointestinalen Anastomosen erbringt, widmen sich Sperling et al. Die Technik ist sicher durchführbar und kann die Perfusionsqualität des Gewebes intraoperativ ohne wesentlichen Mehraufwand in Echtzeit abbilden. Hauptanwendungsgebiete sind derzeit die Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts und die kolorektale Chirurgie. Hier konnten große Studien und Metaanalysen bereits eine Reduktion von Anastomoseninsuffizienzen überzeugend darlegen, wenngleich weitere Faktoren in Bezug auf Quantifizierung, Standardisierung und Validierung dieser Technik noch weiter zu definieren sind.

Das Hyperspektral-Imaging (HSI) ist – im Gegensatz zur fluoreszenzgestützten Bildgebung mit ICG – ein nichtinvasives, kontaktloses optisches Verfahren, welches sich in der Viszeralchirurgie derzeit noch in einem experimentellen Stadium befindet. Die intraoperativen Messungen sind einfach und schnell durchführbar und umfassen sowohl die Gewebeperfusion und -oxygenierung als auch die Detektion und Klassifikation von Tumoren. Die Kombination von HSI mit Ansätzen der KI wird in der Arbeit von Chalopin et al. thematisiert.

Eine weitere moderne Technik für die intraoperative Tumordiagnostik, die multimodale spektroskopische Bildgebung, wird von Schmitt et al. fokussiert. Hier wird das große Potenzial für eine schnelle und präzise in-vivo-Analysemöglichkeit von Tumoren bzw. deren Ränder (Schnellschnitte), auch in Kombination mit der Laser- und robotischen Chirurgie, dargelegt.

Die Bedeutung bildbasierter Unterstützungsmethoden für die zukünftige Anwendung in der Chirurgie wird von Hartwig et al. hervorgehoben. Autonome bzw. KI-gestützte Verfahren, wie beispielsweise die robotische Kameranavigation, basierend auf von robotischen Kameraführungssystemen genutzten Bilddaten, müssen weiter in multimodale Ansätze eingebettet werden, um die für die Chirurgie erforderliche Sicherheit bieten zu können.

Ich gehe fest davon aus, dass das Themenschwerpunktheft „Intraoperatives Imaging“ facettenreiche und fundierte Einblicke aktueller Bildgebungsmöglichkeiten mit innovativen Aspekten von klinischer Relevanz bietet und Ihr Interesse somit geweckt werden konnte.

Univ.-Prof. Dr. med. Ines Gockel, MBA