Die rekonstruktive Viszeralchirurgie wird, seit es Eingriffe am Gastrointestinaltrakt vor allem bei Tumordiagnosen gibt, nach der Resektion der Speisröhre, des Magens und des Rektums vor die Herausforderung gestellt, welche Form der Kontinuitätswiederherstellung die beste ist. Dies bezieht sich zum einen auf den intraoperativen Aufwand und dessen technische Herausforderungen und damit auf das mit der Operationstechnik einhergehende Komplikationspotenzial. Das Mantra „keep it safe and simple“ führt dabei nicht zwangsweise zu dem, was sich die Patienten postoperativ am meisten wünschen: Lebensqualität, gemessen an der subjektiven und möglichst auch objektivierbaren weitestgehend uneingeschränkten Nahrungszufuhr in Form und Menge bis hin zur Verdauungsfunktion in Qualität und Quantität im Vergleich zu einem nichtoperierten Patientenkollektiv.

Pouchrekonstruktionen am oberen und unteren Gastrointestinaltrakt haben funktionelle Vorteile

Pouchfreie Anastomosen nach totaler Gastrektomie oder tiefer Rektumresektion haben den Vorteil, dass diese intraoperativ technisch meist zügig und sicher angelegt werden können. Symptome wie Früh- oder Spätdumping nach Anlage einer einfachen Ösophagojejunostomie oder der als LARS („low anterior resection syndrome“) bezeichnete Symptomenkomplex nach tiefer anteriorer Rektumresektion haben jedoch in den letzten Jahrzehnten die Chirurgen erkennen lassen, dass nach technischen Alternativen gesucht werden sollte, um bessere funktionelle Ergebnisse zu erzielen.

In diesem Zusammenhang sind die sog. Pouchrekonstruktionen entstanden. Als relativ einfacher Jejunum-J-Pouch nach Gastrektomie, ileo-Pouch-anale Anastomose nach Proktokolektomie oder Kolon-J-Pouch, Koloplastiepouch oder Seit-zu-End-Anastomose nach tiefer Rektumresektion.

Die Publikationen zum Jejunum-J-Pouch nach Gastrektomie scheinen in Bezug auf die Nahrungsaufnahme und die Entwicklung des Körpergewichtes nach der Operation die Überlegenheit dieser Form der Rekonstruktion nahezulegen. Und dennoch wird in Deutschland noch überwiegend der einfache Hochzug des Jejunums ohne Pouchbildung bevorzugt. Gründe mögen sein, dass dies deutlich einfacher, schneller und am Ende doch meist mit zufriedenstellenden Ergebnissen möglich ist. Aber ist es nicht an der Zeit, nach einer Vielzahl von Publikationen zugunsten der Pouchrekonstruktion alte, lieb gewonnene Pfade zu verlassen, um gerade in der Frühphase nach der Operation den Patienten den Weg in die „Normalität“ zu erleichtern?

Bezüglich der Pouchrekonstruktionen am anderen Ende des Verdauungstraktes wurden in den vergangenen 30 Jahren verschieden Rekonstruktionsformen in prospektiven und retrospektiven Studien umfangreich untersucht. In der einen oder anderen Untersuchung zeigten sich in den ersten beiden Jahren nach der Operation oft signifikante Vorteile in Bezug auf die Stuhlgangfunktion, die sich in der Folge aber wieder verloren, sodass keine langfristigen und nachhaltigen Verbesserungen gegenüber einer pouchfreien Rekonstruktion nachgewiesen werden konnten.

Somit stehen die Chirurgen heute noch vor der Frage, ob sich der technische Aufwand einer Pouchrekonstruktion am Ende für den Patienten lohnt, wenngleich die technischen Herausforderungen bei der Anlage eines Kolon-J-Pouches überschaubar, beim Koloplastiepouch und der Seit-zu-End-Anastomose im Grunde vernachlässigbar sind. Was man sicher sagen kann ist, dass die ileo-Pouch-anale Anastomose nach Komplettentfernung der Rektumampulle im Zusammenhang mit einer Operation bei Colitis ulcerosa oder familärer Adenomatosis coli funktionell dem Patienten unwidersprochen Vorteile bringt. Ein optimales Ergebnis heißt in diesem Zusammenhang, dass der Patient während der Tageszeit 5 bis 6 Stuhlgänge hat und nachts, ohne auf die Toilette zu müssen, durchschlafen kann.

Dem interessierten Chirurgen mag auffallen, dass es bei der Vielzahl von Standardresektionen am oberen und unteren Gastrointestinaltrakt noch einige ungelöste Fragen bezüglich der besten Form der Rekonstruktion gibt. Dieses Leitthema soll ihm die aktuellsten Erkenntnisse diesbezüglich an die Hand und Tipps für sein eigenes Vorgehen geben. Ich bedanke mich herzlich bei den Autoren für die Erstellung kompakter und informativer Artikel zum Thema „Pouchrekonstruktionen“.

Matthias Anthuber