Robotische Systeme wurden vor 20 Jahren zum ersten Mal in die Viszeralchirurgie eingeführt; die erste roboterassistierte Ösophagusresektion führte Horgan in Chicago 2003 durch. Trotz der langen Vorlaufzeit bleibt die Viszeralchirurgie aktuell weltweit der am stärksten wachsende Sektor im Hinblick auf den Einsatz neuer robotischer Systeme. Während auf der einen Seite die hohen Anschaffungskosten in der Kritik stehen, verbessert sich die Evidenz zum Einsatz von Robotersystemen gerade für die onkologische Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts am schnellsten. Bislang sind roboterassistierte Eingriffe in der Ösophagustumorchirurgie allerdings teurer als vergleichbare Eingriffe ohne diese Technologie. Inwiefern für den Patienten ein Vorteil hinsichtlich der Krankenhausmorbidität oder des Langzeitüberlebens nach onkologischen Eingriffen entsteht, muss noch weiter evaluiert werden. Neue Tools aus den Bereichen künstlicher Intelligenz und bildgestützter Chirurgie verbessern zunehmend die Nutzbarkeit der Operationsroboter in der gesamten Viszeralchirurgie. Die Vielzahl der angebotenen neuen Robotersysteme und deren Komplexität bei gleichzeitig hohen Anschaffungs- bzw. Betriebskosten erfordern moderne Ausbildungsprozesse, die in Deutschland aktuell nicht in der Weiterbildungsordnung für Viszeralchirurgie oder spezielle Viszeralchirurgie festgeschrieben sind. Entscheidend für eine strukturierte Aus- und Weiterbildung werden daher zukünftig Simulationssysteme wie Virtual, Enhanced oder Mixed Reality sein, um Trainingsmöglichkeiten in der robotischen Chirurgie zu schaffen (Urbanski et al.).

Auch im Bereich der Pankreaschirurgie wurden robotische Operationsverfahren in den vergangenen Jahren eingeführt und haben heute trotz einer potenziell langen Lernkurve und hoher Kosten einen wichtigen Stellenwert mit zunehmender weltweiter Akzeptanz erreicht. Nahezu alle Operationen am Pankreas können in der Zwischenzeit auch robotisch durchgeführt werden, wobei in den meisten Zentren die Standardverfahren wie distale (Spleno‑)Pankreatektomie (RDP) und die partielle Pankreatoduodenektomie (RPD) praktiziert werden, obwohl bei letzterem eine lange Lernkurve besteht und eine Bewertung hinsichtlich onkologischer Ergebnisse bislang nicht möglich ist. Bisher liegen zum Einsatz der robotischen Verfahren bei malignen Pankreastumoren lediglich Beobachtungsstudien vor, die die prinzipielle Machbarkeit belegen und die generellen Vorteile der minimal-invasiven Chirurgie, insbesondere kürzere Krankenhausaufenthalte, aufzeigen. Eine valide Beurteilung ist aufgrund des Fehlens randomisierter, kontrollierter Studien (RCTs) und damit hochwertiger Studienergebnisse bislang nicht möglich (Kulu et al.).

Nahezu alle Operationen am Pankreas können auch robotisch durchgeführt werden

Auch für die onkologische Leberchirurgie gilt, dass die robotisch assistierte Technik die bekannten Vorteile der laparoskopischen Leberchirurgie wie verbesserte perioperative Ergebnisse bestätigt. Jedwede Bedenken hinsichtlich intraoperativer Komplikationen und vermeintlicher Kompromisse zuungunsten der onkologischen Radikalität konnten bereits ausgeräumt werden. Allerdings ist die Datenlage zur robotisch assistierten Leberchirurgie bedingt durch den kurzen Erfahrungszeitraum weniger Zentren noch begrenzt. Eine Steigerung der intraoperativen Sicherheit und eine Erweiterung des operativen Spektrums hin zu hoch komplexen Leberresektionen mit Gefäß- und Gallengangsrekonstruktionen ist aber durch eine verbesserte Visualisierung und den erhöhten Bewegungsgrad der Instrumente wahrscheinlich. Nachteile des Operationsroboters sind zurzeit insbesondere die begrenzte Auswahl an Dissektionstechniken und auch hier die vergleichsweise hohen Kosten (Schmelzle et al.).

ICG verbessert Präzision und Sicherheit roboterassistierter kolorektaler Operationen

Indocyaningrün(ICG)-Fluoreszenzbildgebung wird zunehmend in verschiedenen Bereichen der Viszeralchirurgie angewandt, da die Anwendung schnell, einfach und höchst effektiv ist, da kosteneffizient, multipel einsetzbar und reproduzierbar (offen, minimal-invasiv, robotisch). Gerade in der roboterassistierten, minimal-invasiven Kolorektalchirurgie könnte sich die intraoperative Fluoreszenzbildgebung zu einem unverzichtbaren Navigationsinstrument entwickeln, mit dem sich einerseits das Ausmaß der Krebserkrankung und anatomische Varianten identifizieren lassen und andererseits das Risiko postoperativer Komplikationen minimiert werden kann. ICG verbessert damit die Präzision und Sicherheit roboterassistierter kolorektaler Operationen (Vilz et al.).

Auch der Anteil roboterassistierter thoraxchirurgischer Eingriffe nimmt stetig zu. Die wesentlichen Anwendungsgebiete in der klinischen Routine sind die Durchführung anatomischer Lungenresektionen mit Lymphadenektomie sowie die Entfernung von Mediastinaltumoren. Entscheidend für die Thoraxchirurgie ist, dass durch den Einsatz der Robotersysteme die Limitationen der konventionell videoassistierten thorakoskopischen Chirurgie (VATS) überwunden werden konnten und damit ein größerer Anteil an Patienten bei vergleichbaren onkologischen Ergebnissen von einem minimal-invasiven Verfahren profitiert. Die technische Weiterentwicklung in Richtung robotischer Single-port-Thoraxchirurgie sowie Augmented Reality wird zeitnah umsetzbar sein (Möller u. Egberts).

figure a

Prof. Dr. med. Christiane J. Bruns