FormalPara Originalpublikation

Partelli S, Mazza M, Andreasi V et al (2019) Management of small asymptomatic nonfunctioning pancreatic neuroendocrine tumors: limitations to apply guidelines into real life. Surgery 166: 157–63

FormalPara Einleitung.

Neuroendokrine Pankreastumoren (PNET) sind mit nur 1–2 % aller Pankreastumoren selten, ihre Inzidenz ist aufgrund der Zunahme von Schichtbilduntersuchungen jedoch steigend, und insbesondere der Anteil kleiner PNET <2 cm hat sich in den letzten 2 Jahrzehnten verdoppelt. Wegen des geringen Malignitäts- und Wachstumsrisikos bei gleichzeitig substanziellem Operationsrisiko haben die europäischen und US-amerikanischen Leitlinien die Beobachtung kleiner hormoninaktiver PNET als rationale Strategie eingestuft. Andererseits sprechen verschiedene offene Fragen für ein individualisiertes Konzept, da bislang nicht hinreichend geklärt ist, wie die Situation zu bewerten ist bei jungen Patienten, bei initial auffälligen Bildgebungsbefunden, bei unklarem Malignitätspotenzial und unklarem natürlichem Verlauf. Die vorliegende Studie vergleicht die Ergebnisse nach Operation und Beobachtung asymptomatischer PNET <2 cm.

FormalPara Material und Methoden.

In die retrospektive Kohortenstudie wurden 101 erwachsene Patienten mit bioptisch oder durch Gallium-PET nachgewiesenen asymptomatischen PNET <2 cm aus den Jahren 2012 bis 2016 eingeschlossen und auf der Grundlage international publizierter Beobachtungsleitlinien analysiert. Operiert wurden Patienten bei folgenden Befunden: zytologisch G2-Tumor, Tumorwachstum >2 cm, Symptomentwicklung, Pankreasgangerweiterung, Lymphknotenvergrößerung, auffälliges FDG-PET und Alter <50 Jahre. Patienten unter Beobachtung, ohne Operation, wurden jährlich bildgebend kontrolliert.

FormalPara Ergebnisse.

Insgesamt 73 der 101 Patienten wurden beobachtet, 28 initial operiert, 7 (25 %) laparoskopisch, davon 3 Enukleationen und 4 distale Pankreasresektionen. Verglichen mit der Beobachtungsgruppe waren die Operierten signifikant jünger, hatten häufiger einen dilatierten Pankreasgang und häufiger ein positives FDG-PET-Scan. Bei 9 Patienten war die Operationspräferenz führend. Kein Patient verstarb postoperativ, hatte ein Rezidiv oder Fernmetastasen im Verlauf. Nach der Clavien-Dindo-Klassifikation hatten 5 Patienten (24 %) schwere (Grad 3) und 16 (76 %) Grad-1/2-Komplikationen. 3 der 28 (8,4 %) Operierten hatten eine maligne Histologie, davon 2 Lymphknotenmetastasen. Bei den 73 lediglich beobachteten Patienten zeigten sich nach medianem Verlauf von 52 Monaten keine Metastasen, kein Patient verstarb erkrankungsbedingt. Tumorwachstum </>20 % wurde bei 13 (18 %)/5(7 %) festgestellt.

Kommentar

Es kann mittlerweile als gesichert gelten, dass die Mehrheit kleiner asymptomatischer PNET einen indolenten Verlauf hat und wegen der auch in dieser Studie erneut belegten, trotz anerkannter Expertise nicht unerheblichen operativ bedingten Morbidität exspektativ behandelt werden kann. Das Problem sind die aktuell noch nicht vorhersehbare Tumorbiologie und die etwa 20 % N1-Patienten, die eine Präzisierung der konservativen Leitlinienempfehlungen notwendig machen. Zur Individualisierung der Operationsindikation sind neben prächirurgisch proliferationskinetischen (Ki67) und molekulargenetischen sowie bildgebenden Methoden (Gallium- und FDG-PET) prospektive Beobachtungsstudien wie die „Asymptomatic Small Pancreatic Endocrine Neoplasm“(ASPEN)-Studie erforderlich, die hoffentlich zu einer optimierten Balancierung des Risikos von Unter- und Überbehandlung beitragen.