Neben exzellenter chirurgischer Technik mit der Beherrschung auch schwieriger und/oder unerwarteter intraoperativer Situationen sowie der Fähigkeit zur frühzeitigen Erkennung und adäquaten Behandlung postoperativer Komplikation wird die chirurgische Qualität ganz wesentlich von der richtigen und angemessenen Indikationsstellung zu einem operativen Eingriff bestimmt.

Daher rückt die sog. Indikationsqualität medizinischer Maßnahmen bei der Qualitätsdiskussion zunehmend in den Fokus. So startete beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) die Initiative „klug entscheiden“ zur Verbesserung der Indikationsqualität. Dabei wird als entscheidend die Evidenzbasis für die Indikation zu medizinischen Maßnahmen in den Mittelpunkt gestellt, die sich aus hochwertigen Publikationen ableiten soll.

Chirurgische Indikationen müssen sich ebenfalls an evidenzbasierten Grundlagen und Standards orientieren, zu denen klinische Studienergebnisse und Leitlinien zählen. Darüber hinaus aber spielt gerade bei der Indikation zu invasiven operativen Eingriffen auch die individuelle ärztliche Erfahrung eine wesentliche Rolle zur Entscheidungsfindung.

Dabei gilt es auch, die Präferenzen des einzelnen Patienten z. B. zur Lebensqualität von Therapieangeboten und zum Therapieziel zu berücksichtigen. Deshalb muss gemeinsam mit dem Patienten über die für ihn wichtigen Therapieziele (z. B. Heilung, Schmerzlinderung, Erhalt der Mobilität) gesprochen werden und nach Aufklärung über Vor- und Nachteile der indizierten Maßnahme in Form einer partizipativen Entscheidungsfindung die Indikation zum operativen Eingriff gestellt werden.

Aufgrund der hohen Wirtschaftlichkeitsanforderung medizinischer Maßnahmen sehen sich Chirurgen immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, Indikationen auch unter ökonomischen Aspekten zu stellen und daraus folgend bestimmte medizinische Eingriffe zu häufig vorzunehmen. Grundlage der Indikationsstellung kann und darf aber nur eine in einem gemeinsamen Prozess mit dem Patienten getroffene Entscheidung für eine Handlung zum Wohl des Patienten sein.

Die Indikationsstellung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal und muss gemeinsam mit dem Patienten erfolgen

Das vorliegende Schwerpunktheft der Zeitschrift Der Chirurg hat deshalb bewusst die Indikationsqualität zu chirurgischen Eingriffen in den Mittelpunkt der Beiträge gerückt. Schwerpunktmäßig wurden dabei v. a. häufige chirurgische Eingriffe berücksichtigt, deren Durchführungsfrequenz sich immer wieder einer kritischen Diskussion ausgesetzt sieht.

So werden in dem Beitrag von M. Andric et al. aus Magdeburg evidenzbasierte Therapieempfehlungen zu den unterschiedlichen Manifestationsformen der akuten Appendizitis unter Berücksichtigung der aktuellen Studienlage dargestellt. K. Holzer et al. aus Marburg thematisieren in ihrem Beitrag die aktuellen Operationsindikationen bei der Struma nodosa unter Berücksichtigung der themenrelevanten Leitlinien und Literatur. C. Galata et al. aus Mannheim und Würzburg beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Indikationsqualität zur operativen Behandlung der Sigmadivertikulitis. A.T. Billeter et al. aus Heidelberg haben sich in ihrem Beitrag mit der evidenzbasierten Indikationsqualität in der Adipositaschirurgie auseinandergesetzt. B.W. Renz et al. aus München bearbeiten in ihrem Beitrag die Indikation zur chirurgischen Intervention bei zystischen Läsionen der Bauchspeicheldrüse, ein Thema, das immer wieder Anlass zu kontroversen Diskussionen mit unseren gastroenterologischen Partnern ergibt.

Mit diesem Schwerpunktheft der Zeitschrift Der Chirurg steht dem Leser eine aktuelle Übersicht zu Operationsindikationen bei wichtigen viszeralmedizinischen Krankheitsbildern zur Verfügung, die bei der täglichen Entscheidungsfindung und Indikationsstellung hilfreich sein wird.

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Prof. Dr. Christoph-Thomas Germer