Das Pankreaskarzinom wird aufgrund seiner Inzidenz und schlechten Prognose bald an die zweite Stelle der krebsbedingten Todesursachen rücken. Auch wenn die meisten Patienten weiterhin erst im klinisch metastasierten Stadium diagnostiziert werden und keine Kandidaten für die Chirurgie sind, wird die Häufigkeit und Relevanz des Pankreaskarzinoms in der viszeralchirurgisch-onkologischen Praxis in Zukunft deutlich zunehmen. Eine Chance auf Langzeitüberleben oder Heilung besteht beim Pankreaskarzinom nur durch eine chirurgische Resektion und wird durch die Kombination mit einer (adjuvanten oder neoadjuvanten) Chemotherapie deutlich verbessert. In aktuellen multizentrischen randomisiert kontrollierten Studien konnten nach Resektion und adjuvanter Chemotherapie mit modernen Regimen das mediane Gesamtüberleben auf bis zu 55 Monate und die 5‑Jahres-Überlebensrate auf bis zu 44 % gesteigert werden. Diese deutliche Verbesserung des Gesamtüberlebens darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor viele Patienten relativ rasch nach Resektion ein Pankreaskarzinomrezidiv entwickeln: Das mediane krankheitsfreie Überleben beträgt nur etwa ein Jahr. Während das systemische Rezidiv (meist in Form von Lebermetastasen) überwiegt und prognostisch führt, kommt es bei knapp der Hälfte der Patienten zuerst oder auch zu einem Lokalrezidiv. Der Stellenwert der Pankreaskarzinomchirurgie im Rahmen der multimodalen onkologischen Therapiekonzepte wird durch die Sicherheit und Effektivität der chirurgischen Resektion entscheidend mitbestimmt. Unser Ziel in der onkologischen Pankreaschirurgie muss dabei neben einer Verbesserung der Sicherheit (gemessen an der perioperativen Morbidität und Mortalität) insbesondere auch eine Verbesserung der onkologischen Effektivität (gemessen an lokaler Kontrolle, am rezidivfreien Überleben und Gesamtüberleben) sein.

In diesem Schwerpunktheft der Zeitschrift Der Chirurg werden wichtige Aspekte zum Pankreaskarzinomrezidiv zusammengefasst. In der Arbeit von O. Strobel und M.W. Büchler wird die aktuelle Datenlage zur Häufigkeit und zum Muster des Pankreaskarzinomrezidivs dargestellt und daraus die Rationale für verschiedene chirurgische Techniken abgeleitet, die über eine erhöhte lokale Radikalität der Resektion zur Senkung der Rezidivraten beitragen können. High-level-Evidenz zur Sicherheit und Effektivität dieser Techniken muss nun in prospektiven und randomisierten Studien generiert werden.

Mit Fortschritten sowohl in der Chirurgie als auch in der Systemtherapie des Pankreaskarzinoms werden die Indikationen zur Resektion ausgeweitet. J.G. D’Haese et al. stellen in ihrer Arbeit die Datenlage zur Resektion bei isoliertem Lokalrezidiv und bei metachroner Oligometastasierung eines Pankreaskarzinoms dar und zeigen auf, dass bei entsprechend selektionierten Patienten eine erneute Resektion mit guten Überlebensergebnissen verbunden ist und daher nach entsprechend sorgfältiger interdisziplinärer Indikationsstellung sinnvoll sein kann.

Die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie ist ein zentraler Bestandteil eines kurativen Therapiekonzepts beim resektablen Pankreaskarzinom und verbessert sowohl das Gesamtüberleben als auch das rezidivfreie Überleben. C. Springfeld et al. fassen in ihrer Arbeit die aktuelle Evidenz zur adjuvanten Chemotherapie beim resektablen Pankreaskarzinom, zur neoadjuvanten Therapiestrategie bei resektablen und Borderline-resektablen Tumoren sowie zur neoadjuvanten/Induktionstherapie bei lokal fortgeschrittenen irresektablen Tumoren zusammen.

Trotz guter Fortschritte in der Chirurgie und Systemtherapie bleibt die Therapie des Pankreaskarzinoms eine Herausforderung. Die Entwicklung neuer Therapieanasätze für das Pankreaskarzinom ist deshalb besonders wichtig und steht im Fokus intensiver Forschungsaktivitäten. A. Damanakis et al. geben einen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu den molekularen Veränderungen im Pankreaskarzinom und über das Potenzial, diese Veränderungen zur Prädiktion des Krankheitsverlaufs und des Therapieansprechens sowie für individualisierte Therapieansätze zu nutzen.

Zusammenfassend zeigen die Artikel anhand der aktuellen Literatur deutliche Fortschritte sowohl in der Chirurgie sowie auch in der Systemtherapie des Pankreaskarzinoms auf. Angesichts des verbesserten Gesamtüberlebens nach Resektion und moderner Systemtherapie können die Indikationen zur Resektion in der interdisziplinären Therapie des Pankreaskarzinoms erweitert werden. Voraussetzung für die Erzielung guter Überlebensergebnisse ist jedoch einerseits eine qualitativ hochwertige Chirurgie und andererseits, dass bei primärer Resektion eine adjuvante Systemtherapie auch wirklich durchgeführt wird. Eine starke Volumen-Outcome-Beziehung ist in der Pankreaschirurgie insbesondere hinsichtlich der Mortalität gut belegt, besteht jedoch auch bei der chirurgischen Radikalität, der perioperativen Betreuung und der onkologischen Vor- und Nachbehandlung. Die Chirurgie des Pankreaskarzinoms sollte daher in Zentren mit entsprechender Expertise durchgeführt werden.

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Prof. Dr. Oliver Strobel

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Prof. Dr. Markus W. Büchler