Vor der Therapie liegt die Diagnostik. Diese erfolgt insbesondere bei geplanten Operationen vor der Narkoseeinleitung u. a. auch mit dem Ziel, die durch die Operation vorgesehene Therapie mit dem Patienten vorab zu besprechen und über Erfolgsaussichten, mögliche Risiken und Komplikationen aufzuklären. Ganz anders ist die Situation im Notfall. Hier werden mitunter diagnostische Maßnahmen nach Operationsbeginn durchgeführt, um so die Behandlung entsprechend den erhobenen Befunden anzupassen.

Neben der visuellen und haptischen Erfassung des Krankheitsbildes bemühen wir uns schon lange, auch durch andere Formen der intraoperativen Diagnostik strategische Entscheidungen gesichert zu treffen. Schließlich kann intraoperative Diagnostik zur Feststellung und zur Dokumentation des Behandlungserfolgs dienen.

In dieser Ausgabe von Der Chirurg haben wir uns auf Verfahren beschränkt, die in der klinischen Praxis angewendet werden, und versucht diese aus heutiger Sicht zu wichten bzw. deren Indikation zu schärfen.

Die IOPTH ist obligater Bestandteil einer qualitätsgesicherten HPT-Operation

Die intraoperative Parathormonbestimmung (K. Lorenz et al.) ist ein unverzichtbares Instrument zur intraoperativen Entscheidungsfindung und geeignet, zuverlässig den Operationserfolg vorauszusagen, die Heilung kann aber erst mit dem Nachweis der Normokalziämie in der Langzeitnachsorge bestätigt werden. Ursachen für Fehlbestimmungen und Fehlinterpretationen werden dargelegt. Eine wichtige Erkenntnis bei der Anwendung beim primären Hyperparathyreoidismus (HPT) war, dass die Morphologie und insbesondere die Größe der Nebenschilddrüsen nicht den Funktionszustand reflektieren müssen. Die Mehrheit der spezialisierten endokrinen Chirurgen erachtet die intraoperative Parathormonbestimmung (IOPTH) als obligaten Bestandteil der qualitätsgesicherten HPT-Operation. Die Relevanz wie auch die Aussagekraft der IOPTH-vermittelten Information ist abhängig von der HPT-Form und der patientenindividuellen Konstellation.

Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung (H. Jütte und A. Tannapfel) ist eine unmittelbare Entscheidungshilfe für den Operateur zur Beurteilung der Tumorfreiheit, Dignität von Läsionen oder Diagnostik von Zufallsbefunden sowie zur Beurteilung der Parenchymqualität. Wichtig ist ein klares Verständnis für die technischen Grenzen der Gefrierschnittdiagnostik. So benötigt z. B. eine Lymphomdiagnose zusätzliche immunhistochemische Untersuchungen. Es gibt eine Reihe von Leitlinien, die sich zur Notwendigkeit und zum Nutzen von Schnellschnittuntersuchungen in der onkologischen Chirurgie positionieren.

Die Möglichkeiten der intraoperativen Bildgebung bei offenen Gefäßrekonstruktionen am Beispiel der supraaortalen und peripheren Arterien werden im Beitrag von J. Zanow et al. erörtert. Die Evidenz ist insgesamt nicht hoch. Es werden jedoch Empfehlungen ausgesprochen, insbesondere nach aufwendigen distalen Rekonstruktionen sowie chirurgischer Thrombembolektomie bei akuter Extremitätenischämie eine Qualitätskontrolle in Form einer Bildgebung durchzuführen.

Die Anwendung der Indocyaningrün-Fluoreszenzbildgebung in der offenen und laparoskopischen Leberchirurgie (R. Sucher et al.) hilft besonders in der laparoskopischen Detektion oberflächennaher Tumoren, da hier die haptische Kontrolle des Operateurs fehlt. Weiterhin können die segmentale Perfusion des Organs dargestellt bzw. eine Gallenwegsdiagnostik durchgeführt und Gallelecks detektiert werden. Auf die speziellen Einsatzmöglichkeiten bei unterschiedlichen Tumorentitäten wird im zweiten Teil des Manuskriptes eingegangen.

Der intraoperative Ultraschall (C. Hackl et al.) ist heute gängige Praxis in der onkologischen Chirurgie parenchymatöser Organe. Mithilfe dieser Untersuchung werden durchaus operationsstrategische Entscheidungen getroffen. Haupteinsatzgebiet ist die Leberchirurgie. Der Beitrag geht auch auf zukünftige Optionen, insbesondere die Bildfusion und gezielte Applikation von Medikamenten, ein.

Im vorliegenden Themenheft wird dargestellt, was heute als intraoperative Diagnostik mit welcher Zielsetzung machbar ist. Nach wie vor bleibt im Operationssaal viel Bedarf an neuen diagnostischen Methoden zur besseren Beantwortung der aufgelisteten Fragestellungen. Insofern ergeben sich für die Zukunft Aufgaben. Ich wünsche viel Anregungen beim Lesen der Manuskripte.

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Prof. Dr. Utz Settmacher