Jeder chirurgisch tätige Arzt weiß, mit einer technisch gelungenen Operation ist der Behandlungserfolg noch lange nicht sichergestellt. Neben der richtigen Indikationsstellung müssen chirurgische Patienten somatisch und psychisch auf eine Operation vorbereitet und nach der Operation adäquat rehabilitiert werden. Erst die gelungene Einheit dieser drei Komponenten führt zu der gewünschten Qualität und Effizienz der Therapie. Mit einbezogen in diesen Prozess werden Internisten, Anästhesisten und ggf. Psychotherapeuten gerade bei komplexen Krankheitsbildern und betagten Patienten. Mit Senkung der Krankenhausverweildauer und der Ökonomisierung in der Medizin ist es in den letzten Jahren auch zunehmend notwendig geworden, den Hausarzt mit in das Behandlungskonzept einzubeziehen.

Es bleibt aber die ureigenste Aufgabe des operierenden Chirurgen, sich um die perioperative Behandlung des sich ihm anvertrauenden Patienten selbst zu kümmern. Dazu zählen neben der Festlegung des richtigen Operationszeitpunktes und der operativen Verfahrenswahl auch die präoperative Vorbereitung mit Abwägung des Risikoprofils des Patienten und seiner eventuellen Optimierung.

Alter und „Gebrechlichkeit“ des Menschen gehen miteinander einher. Seit langem wird in diesem Zusammenhang darüber diskutiert, ob man alten Menschen operative Eingriffe und Narkosen in gleichem Umfang wir jüngeren zumuten kann, wie man sie ggf. darauf speziell vorbereiten muss und was die Kriterien des Erfolgs sind. Mit dem Begriff „frailty“ versucht man, sich dem Problem zu nähern. Hier mehrt sich die Literatur in den letzten Jahren. Viele Dinge sind bisher allerdings nur deskriptiv und insbesondere in ihrer therapeutischen Konsequenz nur im Ansatz umgesetzt. H.-M. Tautenhahn et al. versuchen, einen kompakten Abriss dazu zu präsentieren. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Prävention eines postoperativen Delirs zu.

Eine präoperative Anämie ist als eigenständiger, unabhängiger und bislang unterschätzter Risikofaktor für das Auftreten postoperativer Komplikationen und einer erhöhten postoperativen Sterblichkeit einzustufen. Jeder dritte chirurgische Patient hat bereits vor der Operation eine Anämie, wobei die Ursache meist ein Eisenmangel ist. Vor dem Hintergrund der bekannten Risiken eines unbehandelten Eisenmangels und/oder einer präoperativen Anämie ergibt sich ein großes Potenzial für ein präoperatives Anämiemanagement. Die Wirksamkeit dieses Managements wurde inzwischen in zahlreichen Studien belegt. P. Meybohm et al. zeigen in ihrem Beitrag „Präoperativer Eisenmangel mit/ohne Anämie – ein unterschätzter Risikofaktor?“, dass die Einführung einer präoperativen Diagnostik und Therapie im Rahmen eines umfassenden „patient blood management“ zur Komplikationsprävention sowie Steigerung der Patientensicherheit beitragen kann.

Das Management von Polymedikation wird im Beitrag von J. Abendroth und A. Klement betrachtet. Die Etablierung einer interdisziplinären Aufnahmeroutine in der Chirurgie und die Kommunikation mit dem Hausarzt sind dabei ausschlaggebend für die Patientensicherheit. Nicht die Anzahl der Wirkstoffe, sondern deren Angemessenheit und Wechselwirkungen erzeugen Risiken für die Patientensicherheit. Dabei ist die Prävalenz „potenziell unangemessener Medikation“ insbesondere bei älteren Menschen sehr hoch, d. h. die Medikation muss vor der Operation unbedingt optimiert werden.

Ein altes Thema, und heute aktueller denn je, ist das perioperative Volumenmanagement insbesondere im Rahmen von „fast track“ oder ERAS-Projekten. Detailliert dazu nehmen B.E. Wellge et al. Stellung. Hyper- und Hypovolämien sind prognoserelevant. Dies ist in vielen Studien bestätigt worden. Ebenso zeigt sich der Nutzen der präoperativen Optimierung des Volumenstatus des Patienten.

Postoperative Infektionen und Anastomoseninsuffizienzen sind gefürchtete Komplikationen in der kolorektalen Chirurgie. Während die präoperative intravenöse Antibiotikaprophylaxe zur Verringerung infektiöser Komplikationen allgemein anerkannt und flächendeckend durchgeführt wird, ist die selektive Darmdekontamination weiterhin Gegenstand kontroverser Diskussionen. S. Flemming et al. haben in ihrem Beitrag die aktuelle Evidenz einer oralen Antibiotikaprophylaxe zur Darmdekontamination vor elektiver kolorektaler Chirurgie aufgearbeitet, die einen potenziellen Vorteil für die Anwendung oraler, nichtresorbierbarer Antibiotika hinsichtlich einer Reduktion postoperativer Komplikationen postuliert.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Schwerpunktheft einen guten Überblick über aktuelle Gesichtspunkte der perioperativen Medizin in der Allgemein- und Viszeralchirurgie zu geben, der sie bei der täglichen Arbeit mit Ihren Patienten hilfreich unterstützen kann.

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Prof. Dr. Utz Settmacher

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Prof. Dr. C.-T. Germer