FormalPara Originalpublikation

Leeds IL et al (2017) Early surgical intervention for acute ulcerative colitis is associated with improved postoperative outcomes. J Gastrointest Surg 21(10):1675–1682

FormalPara Hintergrund.

Die stationäre Aufnahme eines Patienten mit einem akuten Schub einer Colitis ulcerosa (CU) stellt einen kritischen Vorboten einer Progression der Grunderkrankungen dar, mit drohender Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention. Sobald die akute Kolitis als „medikamentös therapierefraktär“ eingestuft wurde und/oder eine Kolonperforation droht, ist die frühzeitige (Prokto‑)Kolektomie weiterhin der Goldstandard in der Therapie der akuten CU. Für dieses Patientenkollektiv ist jedoch nicht abschließend geklärt, ob die Dringlichkeit der Kolektomie dann eine Frage von Stunden oder Tagen ist.

FormalPara Methode und Zielsetzung.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, das postoperative Outcome von CU-Patienten mit dringlicher Operationsindikation zu analysieren, in Abhängigkeit davon ob die Kolektomie innerhalb von 24 h oder später erfolgte. Hierzu wurden entsprechende Fälle anhand der ICD-9-Codes aus der National Inpatient Sample (NIS-)Datenbank extrahiert (Zeitraum: 2002–2014) und das postoperative Outcome der Patienten in Abhängigkeit des Operationszeitpunktes („frühzeitig“ <24 h vs. „verzögert“ >24 h) verglichen.

FormalPara Ergebnisse.

Die NIS-Datenbank-Analyse identifizierte im oben genannten Zeitraum 69.936 stationäre Behandlungsfälle aufgrund einer Colitis ulcerosa, von denen bei 2650 Patienten (3,8 %) eine nichtelektive/dringliche (Prokto‑)Kolektomie im Rahmen des initialen stationären Aufenthaltes erfolgen musste. Bei 541 Patienten (20,4 %) erfolgte die Kolektomie frühzeitig (nach <24 h), bei den übrigen 2109 Patienten (79,6 %) verzögert (nach >24 h). Verglichen mit verzögert operierten Patienten erfolgte die frühzeitige Kolektomie häufiger laparoskopisch (frühzeitig: 28,1 % vs. verzögert: 23,3 %, p = 0,021) und bei insgesamt komorbideren Patienten (Grouped Charson Index ≥2: frühzeitig: 15,0 % vs. verzögert: 10,0 %, p = 0,003). In der multivariaten Regressionsanalyse war neben höherem Patientenalter, einem geringeren finanziellen Einkommen, einem hohen Charlson Comorbidity Index v. a. die verzögerte Kolektomie ein signifikanter Prädiktor eines postoperativ komplikativen Verlaufes (Odds Ratio [OR] = 1,46, 95 %-Konfidenzintervall [KI]: 1,17–1,83, p = 0,001). Auch waren der gesamte stationäre Aufenthalt (8 Tage vs. 16 Tage, p < 0,001) sowie die stationären Behandlungskosten (33,666 $ vs. 20,948 $ p < 0,001) bei verzögert durchgeführter Kolektomie statistisch signifikant höher als bei frühzeitiger Kolektomie.

FormalPara Fazit des Reviewers.

Bekanntermaßen hat die chirurgische Lehre bereits in der Vergangenheit für eine frühzeitige Kolektomie bei akuter CU plädiert, „frühzeitig“ wurde dabei jedoch in den meisten Studien als ein Intervall von 7 bis 10 Tagen definiert, welches für eine medikamentöse Rescue-Therapie und zur Stabilisierung des Patienten genutzt wurde. Ein solches Vorgehen wird jedoch durch die hier vorgestellten Ergebnisse klar infrage gestellt: Patienten, die bei gegebener Indikation zur dringlichen Kolektomie nicht binnen 24 h operiert wurden, hatten ein 1,5-fach höheres Risiko für postoperative Komplikationen (und das trotz der Tatsache, dass die frühzeitig operierten Patienten das kränkere Patientenkollektiv darstellten). Damit sprechen die hier vorgestellten Ergebnisse bei CU-Patienten mit akuter Kolitis und gegebener Indikation zur dringlichen Kolektomie eindeutig für einen frühen Operationszeitpunkt (<24 h) und gegen weitere präoperative medikamentöse Therapieversuche zur Stabilisierung und Optimierung des Allgemeinzustandes.