FormalPara Originalpublikation

Panesar S, Cagle Y, Chander D et al (2019) Artificial intelligence and the future of surgical robotics. Ann Surg 270:223–226. https://doi.org/10.1097/SLA.0000000000003262

FormalPara Hintergrund.

Im Jahr 2016 zeigten Shademan et al. mithilfe des STAR-Roboters (Smart Tissue Autonomous Robot), dass ein selbstständig operierender Roboter unter hochstandardisierten experimentellen Bedingungen für bestimmte chirurgische Arbeitsschritte ein besseres Ergebnis erbringt als erfahrene Chirurgen. Autonome Operationsroboter müssen die Fähigkeit besitzen, ohne menschlichen Einfluss zu „sehen“, zu „denken“ und zu „handeln“, um eine definierte chirurgische Aufgabe sicher und effektiv zu erledigen. Hierzu sind weitreichende Entwicklungen auf den Gebieten der Sensorik, Computervision, Kontrollalgorithmen und der Robotik sowie umfangreiche Studien nötig. Dennoch sind die Autoren der hier vorgestellten Arbeit – unter anderem Forscher der NASA und der Stanford University – der Ansicht, dass dies bis Ende des 21. Jahrhunderts umsetzbar ist.

FormalPara Rationale für die Entwicklung autonomer Operationsroboter.

Die Leistung von Chirurgen wird von physischen, mentalen und technischen Faktoren limitiert. Die Kombination von künstlicher Intelligenz (KI) mit Operationsrobotern kann dazu beitragen, Fehler zu reduzieren und eine höhere Konsistenz der Ergebnisse zu erzielen. Die weltweite chirurgische Versorgung könnte durch die Entwicklung derartiger Systeme standardisiert und unabhängig von geographischen und ökonomischen Einschränkungen werden.

FormalPara Diskussion.

Autonome Operationssysteme sollten nicht mit dem Ziel entwickelt werden, Konsistenz zu schaffen, sondern mit dem Ziel, das beste Resultat für den einzelnen Patienten zu erzielen. Dieses hängt nicht ausschließlich von der technischen Leistung ab, sondern von einer Vielzahl komplexer perioperativer und intraoperativer Entscheidungen. Die Interaktion zwischen zwei Menschen, die wohl auch in Zukunft nicht durch KI zu ersetzen sein wird, ist eines der zentralen Elemente der Arzt-Patienten-Beziehung. Strategische Entscheidungen wie die Wahl einer Therapieoption unter Berücksichtigung des Patientenwunsches, kritische intraoperative und perioperative Entscheidungen werden immer eine menschliche Komponente erfordern. Außerdem scheint gerade die Kombination von Mensch und intelligenten Maschinen die beste Leistung zu erbringen.

Garri Kasparow nimmt in einer seiner Reden Bezug auf ein „Freestyle“-Schachturnier aus dem Jahr 2005, in dem Teams in beliebiger Größe aus menschlichen Spielern und Schachcomputern gegeneinander antraten. Dieses Turnier gewannen nicht etwa ein Großmeister oder ein Supercomputer im Alleingang, sondern zwei Amateurspieler mit 3 handelsüblichen Computern. Die zwei Spieler setzten ihre Computer derart ausgeklügelt ein, dass sie, obwohl die Rechenleistung ihrer Computer denen der Supercomputer weit unterlegen war und ihr eigenes Können denen der Schachgroßmeister weit unterlegen, das Turnier gewannen. Kasparow schließt daraus, dass das entscheidende Element der optimierte Prozess ist. Die menschliche strategische Planung und Führung in Kombination mit der taktischen Präzision eines Computers wird das optimale Ergebnis erbringen.

Dieses Beispiel verdeutlicht, warum nie eine intelligente Maschine den Arzt ersetzen sollte, aber auch, warum nicht auf den Einsatz von KI und intelligenten Maschinen in der Medizin verzichtet werden sollte. Die sinnvolle Kombination wird das beste Behandlungsergebnis erbringen und genau jenes sollten wir für unsere Patienten fordern. Um diese Prozesse frühzeitig mitzugestalten, sollten bereits jetzt die Rahmenbedingungen für diesen anstehenden technologischen Fortschritt abgesteckt werden, denn nur so können wir in Zukunft die bestmögliche Behandlung unserer Patienten gewährleisten.