Hintergrund und Fragestellung

Akute gastrointestinale und abdominelle Blutungen können zu lebensbedrohlichen Situationen führen und erfordern eine zeitnahe und fokussierte Therapie. Durch die Weiterentwicklung sind endoskopische Verfahren mittlerweile das wichtigste Instrument in Diagnostik und Therapie insbesondere oberer gastrointestinaler (GI-)Blutungen, sodass hier die Chirurgie zunehmend in den Hintergrund rückt. Im Falle endoskopisch nicht zu detektierender oder zu beherrschender Blutungen steht zudem durch die diagnostische und interventionelle Radiologie mit der Möglichkeit der (superselektiven) Embolisation ein alternatives respektive ergänzendes Verfahren zur Verfügung. Ziel dieser retrospektiven Single-Center-Studie war die Evaluierung der Rolle chirurgischer Maßnahmen hinsichtlich frustraner interventioneller Blutungskontrolle oder postinterventionellen Komplikationen.

Methoden und Ergebnisse

Es erfolgte eine retrospektive Analyse des Outcomes aller Patienten mit einer akuten gastrointestinalen oder abdominellen Blutung (n = 55) im Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2012, die einer radiologischen kathetergestützten Embolisation zugeführt wurden. Dabei erfolgte eine Aufteilung der Patienten in drei Gruppen:

  • obere GI-Blutung (UGIB), n = 17,

  • untere GI-Blutung (LGIB), n = 25 sowie

  • intraabdominelle bzw. retroperitoneale Blutung, n = 13.

In 80 % der Fälle konnte die Blutungsquelle angiographisch lokalisiert werden, die klinische Erfolgsrate betrug dabei 81,8 % (45/55). Die frühe Rezidivblutungsrate (< 30 Tage) lag bei 18,2 % (n = 10) und wurde als Spätmanifestation (> 30 Tage) in 2 Fällen (3,6 %) beobachtet. Eine chirurgische Intervention nach Embolisation war bei 11 Patienten (20,4 %) erforderlich, wobei in nur 2 Fällen (3,7 %) eine postembolische Komplikation vorlag und mittels Cholezystektomie behandelt werden musste. Mehr als ein Embolisationsversuch erhöhte das Risiko von Komplikationen (p = 0,02) und erneuter Blutung (p = 0,07). Eine misslungene Blutungslokalisation war ebenfalls ein prädiktiver Faktor für eine Rezidivblutung (p = 0,009). Die Verwendung von Coils verglichen mit anderen applizierbaren Substanzen ging mit einem reduzierten Rezidivblutungsrisiko einher (p = 0,049). Das mittlere Follow-up betrug 8,4 Monate mit einer kompletten Datenerhebung bei 85,2 %. Die Gesamtmortalitätsrate betrug 14,8 % bei einer 30-Tage-Mortalität von 7,4 % ohne Bezug zu Blutungs- oder Embolisationskomplikationen.

Diskussion und Fazit

Die Autoren schlussfolgern aufgrund der erhobenen Daten, dass die alternative oder ergänzende radiologisch-interventionelle Therapie bei primär endoskopisch nicht stillbaren oder detektierbaren GI-Blutungen als wesentliches Standbein angesehen werden muss. Insbesondere bei UGIB scheint die Embolisation mit einer hohen Erfolgsquote vergesellschaftet zu sein. Obgleich die Chirurgie ihre Priorität zugunsten der andere Verfahren verloren zu haben scheint, ist sie dennoch bei lebensbedrohlicher und therapierefraktärer Blutung sowie postinterventionellen Komplikationen unerlässlich. Überraschenderweise zeigten sich hier insbesondere bei LGIB keine ischämischen Ereignisse, wobei der superselektiven Angiographie und Embolisation durch einen erfahrenen Radiologen natürlich eine hohe Bedeutung zukommt. Sowohl für die Endoskopie als auch für die interventionelle Radiologie muss eine zeitnahe Verfügbarkeit bestehen, sodass ein interdisziplinäres Vorgehen unter Einbindung sowie Berücksichtigung der personellen und apparativen Ressourcen mit klar definierten SOPs („standard operating procedures“) unerlässlich erscheint. In jedem Fall bedürfen Patienten mit radiologisch-interventioneller Therapie einer engmaschigen Verlaufskontrolle, um etwaige Komplikationen frühzeitig zu diagnostizieren. Auch wenn es sich um eine retrospektive Single-Center-Studie handelt, erscheinen die Ergebnisse und Schlussfolgerungen für den klinischen Alltag von hoher Relevanz.