Hintergrund und Fragestellung

Die Einführung der totalen mesorektalen Exzision (TME) Anfang der 1990er Jahre koinzidierte mit einer breiteren Anwendung der Laparoskopie in der kolorektalen Karzinomchirurgie. Obwohl einzelne Studien die laparoskopische TME als ein sicheres Verfahren ausweisen, fehlen bisher belastbare Daten an großen Patientenkollektiven zur onkologischen Gleichwertigkeit von laparoskopischer und offener TME.

Methode

Der COLOR-II-Trial ist eine multizentrische, 2:1 randomisierte Phase-III-Studie zum Vergleich der laparoskopischen mit der offenen TME beim nichtmetastasierten, CRM(„circumferential resection margin“)-negativen Rektumkarzinom ≤ 15 cm ab ano. Primärer Endpunkt von COLOR II ist die 3-Jahres-Lokalrezidivrate. Sekundäre Endpunkte – diese werden in der aktuellen Arbeit berichtet – sind das perioperative Outcome sowie die histopathologischen Ergebnisse beider Operationsverfahren.

Ergebnisse

Zwischen Januar 2004 und Mai 2010 konnten insgesamt 1044 Patienten ausgewertet werden, von denen 699 (67 %) laparoskopisch und 345 (33 %) offen operiert worden waren. Beide Kollektive unterschieden sich nicht in Bezug auf Tumorlokalisation, das klinische Tumorstaging, die neoadjuvante Therapie und das Ausmaß der Resektion (z. B. Rate an Rektumextirpationen). Bei einer Konversionsrate von 17 % beanspruchte die Laparoskopie insgesamt eine längere Operationszeit (Median 240 min vs. 88 min, p< 0,0001), ging aber mit geringerem intraoperativen Blutverlust einher (Median 200 ml vs. 400 ml, p < 0,0001). Die Gesamtmorbidität war für beide Verfahren vergleichbar (40 % vs. 37 %, p = 0,424), die Dauer bis zum ersten Stuhlgang (2 Tage vs. 3 Tage, p < 0,0001) sowie die stationäre Verweildauer (8 Tage vs. 9 Tage, p = 0,036) waren um jeweils einen Tag zugunsten der Laparoskopie verkürzt. Die histopathologische Aufarbeitung der Präparate zeigte keinen Unterschied zwischen beiden Zugangswegen: makroskopisch inkomplette Präparate fanden sich bei jeweils 3 % der Resektate, der Abstand zum distalen Resektionsrand betrug jeweils 3,0 cm und die mediane Anzahl entfernter Lymphknoten war mit 13 bzw. 14 ebenfalls vergleichbar. Die Rate positiver CRMs (≤ 2 mm) betrug jeweils 10 %, wobei der Anteil positiver CRMs in der Subgruppe „tiefes Rektumkarzinom“ (≤ 5 cm ab ano) nach laparoskopischer Resektion mit 9 % vs. 22 % (p = 0,014) geringer war als nach offener Chirurgie.

Diskussion und Fazit

Die vorliegenden Kurzzeitergebnisse der COLOR-II-Studie zeigen, dass die offene und laparoskopische TME hinsichtlich ihrer Morbiditäts-/Komplikationsraten vergleichbare Resultate liefern, bei leichten Vorteilen im perioperativen Outcome für den minimal-invasiven Zugang. Gleichzeitig bleibt „in der Hand des Erfahrenen“ durch die Laparoskopie die onkologische Radikalität des Eingriffs gewahrt. Insgesamt imponiert jedoch unter diesen Bedingungen die Rate an nichtkontinenzerhaltenden Operationen bei COLOR II relativ hoch (27 % über alle Tumorlokalisationen). Dies wird besonders auffällig in der Gruppe der tiefen Rektumkarzinome (≤ 5 cm ab ano): Die hohe Rate an durchgeführten Rektumextirpationen (77 %) widerspricht der gleichzeitig bestechend niedrigen Rate positiver CRMs (9 %) bzw. inkompletter Resektionen (1 %) nach laparoskopischer Operation dieser Tumoren. Dies wirft zwangsläufig die Frage auf, ob nicht der Kontinenzverlust auch beim „tiefen Rektum“ öfters vermeidbar gewesen wäre. Gerade diese Gruppe steht im Fokus der mit Spannung erwarteten onkologischen Langzeitergebnisse der COLOR-II-Studie (Ende 2013).