Hintergrund und Fragestellung

Im Jahr 2000 formulierte der National Health Service in England als zu erreichendes Ziel der Elektivchirurgie, dass 75% der Operationen als ambulante Operationen durchgeführt werden sollten. 2001 wurde von der British Association of Day Surgery die Thyreoidektomie in die Prozedurenliste ambulanter Operationen mit aufgenommen. Die Autoren wurden 2010 von der British Association of Endocrine and Thyroid Surgeons (BAETS) beauftragt, einen evidenzbasierten Review über die Vor- und Nachteile der ambulanten Schilddrüsenchirurgie (ASC) zu erstellen.

Methoden

Da keine prospektiv-randomisierten Studien zum Outcomevergleich zwischen ambulanter (keine Übernachtkontrolle) und kurzstationärer (23 h) Schilddrüsenchirurgie vorliegen, erfolgte ein systematischer Literaturreview englischsprachiger Publikationen zum Thema.

Ergebnisse

Machbarkeit

Die Machbarkeit der ASC steht außer Zweifel, sie ist durch zahlreiche Publikationen belegt, betrifft in praxi z. B. in den USA jedoch nur < 1% der Schilddrüsenoperationen.

Vorteile

Abgesehen von der Patientenzufriedenheit haben Kostenkalkulationen unter Berücksichtigung der sehr unterschiedlichen Berechnungsvariablen eine Kosteneinsparnis für die ASC von ca. 10% bis maximal 30% ergeben.

Nachteile

Der Literaturreview ergab folgende Nachteile:

  • Hypokalzämie: nicht relevant nach einseitigem Ersteingriff, nach totaler Thyroidektomie vermeidbar durch (nicht unumstrittene) prophylaktische Gabe von Kalzium/Vitamin D.

  • Rekurrensparese: nur bei bilateraler Parese bedeutsam, die jedoch unmittelbar postoperativ diagnostizierbar ist.

  • Nachblutung: selten (ca. 1–2%), aber Hauptrisiko der ASC, da potenziell lebensbedrohlich, nur etwa 50% der Nachblutungen innerhalb der ersten 6 postoperativen Stunden auftreten [1], außer Acetylsalicylsäure (ASS) und Clopidogrel keine präoperativen Risikofaktoren bekannt sind und nicht bewiesen ist, dass frühe Nachblutungen weniger schwer verlaufen als späte.Aufgrund von Kostenberechnungen in Schadensfällen kann kalkuliert werden, dass ein schwerer Nachblutungsfall (Tod; hypoxischer Hirnschaden) den ökonomischen Vorteil von ca. 1000 ASC eliminiert.

Fazit

Es gibt keine andere ambulante Operation als die Schilddrüsenoperation, bei der ein vergleichbares Risiko für eine zwar seltene, jedoch dann in kürzester Zeit potenziell lebensbedrohliche Nachblutungskomplikation besteht. Die BAETS empfiehlt daher derzeit die Durchführung ambulanter Schilddrüsenoperationen nicht.