Die akute Cholezystitis ist mit mehr als 64.000 stationär und einer unbekannten Anzahl ambulant behandelter Fälle pro Jahr in Deutschland eines der häufigsten Krankheitsbilder. Die Therapie dieser Krankheit gehört zum Tagesgeschäft niedergelassener Ärzte und gastroenterologischer und allgemein- bzw. viszeralchirurgischer Kliniken. Umso erstaunlicher ist es, dass die Evidenzlage zur Therapie der akuten Cholezystitis trotz Vorliegen einer Vielzahl von Leitlinien durchaus begrenzt ist. Die in diesem Heft von Der Chirurg erschienen Leitthemenartikel geben einen umfänglichen Überblick über den aktuellen Wissensstand in Ätiologie, Diagnostik und Therapie dieses Krankheitsbildes und weisen auch auf die teils unklare Evidenzlage hin.

Im ersten Beitrag von Götzky et al. wird ausführlich auf die Epidemiologie und das klinische Erscheinungsbild der akuten Cholezystitis eingegangen. Bei ca. 90% der Patienten liegt die Ursache in einer Cholezystolithiasis, welche wiederum bei ca. 66% der über 70-Jährigen vorliegt. Mit immerhin knapp 600 an einer akuten Cholezystitis verstorbenen Patienten pro Jahr bleibt die akute Cholezystitis ein ernst zu nehmendes Krankheitsbild, vor allem bei Patienten im höheren Alter!

Die adäquate Therapie der akuten Cholezystitis, insbesondere in der Frühphase, wird hochgradig kontrovers diskutiert. Unsere gastroenterologischen Kollegen favorisieren zumeist eine initial antibiotische Therapie, um die Patienten dann nach Rückgang der Symptome und Infektzeichen der meist unumgänglichen Cholezystektomie im Intervall zuzuführen. Der chirurgische Ansatz der frühzeitigen laparoskopischen Cholezystektomie, ähnlich wie bei akuter Appendizitis, ist hierzu konträr zu sehen. Im zweiten Leitthemenbeitrag von Gutt wird die aktuelle Evidenzlage zur primär konservativen vs. operativen Therapie der akuten Cholezystitis dargestellt. Basierend auf randomisiert kontrollierten Studien wird diese als unzureichend eingestuft. Derzeit entscheidet häufig die Zuweisung eines Patienten an eine internistische oder chirurgische Abteilung, nicht aber dessen Beschwerdebild über die weitere Therapie. Die Publikation der Ergebnisse der ACDC-Studie (acute cholecystitis – early laparoscopic surgery versus antibiotic therapy and delayed elective cholecystectomy) [1], welche multizentrisch an einem großen Patientenkollektiv genau diese beiden Behandlungsstrategien vergleicht, steht kurz bevor und wird hoffentlich endgültig diese Therapiekontroverse entscheiden.

Der Beitrag von Hartwig et al. beleuchtet die laparoskopische Cholezystektomie als chirurgische Therapie der Wahl bei einer akuten Cholezystitis, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Sie hat sich trotz initial fehlender Evidenz als das Standardverfahren bei symptomatischer Cholezystolithiasis durchgesetzt [2] und wird heute auch bei akuter Cholezystitis angestrebt. Zur Vermeidung schwerer intraoperativer Begleitverletzungen gilt es jedoch, bei schwierigen Operationsbedingungen rechtzeitig zum offenen Vorgehen zu konvertieren.

Die Leitthemenbeiträge werden von der Arbeit von Rimkus und Kalff abgerundet, welche eine Sonderform der akuten Cholezystitis die akalkulösen Cholezystitis oder sog. „Intensivgallenblase“ beschreibt. Hier wird auf die Option der perkutanen Cholezystostomie eingegangen, die als therapeutische Alternative bei schwerkranken Patienten durchaus in Betracht zu ziehen ist und aktuell in einer randomisiert kontrollierten Studie evaluiert wird [3].

Am Krankheitsbild der akuten Cholezystitis zeigt sich, dass trotz scheinbarer Klarheit und Einfachheit der Therapie große Kontroversen zwischen den einzelnen Behandlern vorliegen, die an der Therapie beteiligt sind. Es lohnt sich also, auch bei diesen offenbar „banalen“ Krankheitsbildern die vorliegende Evidenzlage kritisch zu prüfen. Gemeinsam müssen durch interdisziplinäre große Studien valide Daten zu Therapieart, Interventionszeitpunkt und Therapiekosten erbracht werden, um patientenorientierte und ökonomisch sinnvolle Therapiealgorithmen zu etablieren.

Prof. Dr. M.W. Büchler

Prof. Dr. W. Hartwig