Zeugen Jehovas und Schwerverletzung mit drohender Hämorrhagie

Zusammenfassung

Während der Initialversorgung und im weiteren Verlauf auf den Intensivstationen kommt es bei polytraumatisierten Patienten häufig zu relevanten Blutverlusten. Die traumatische Koagulopathie sowie die oft unerkannte Hyperfibrinolyse können hierbei die Hämorrhagie weiter verkomplizieren. Die Applikation von Erythrozytenkonzentraten und anderen Blutprodukten sowie Gerinnungsfaktoren ist daher regelhaft Bestandteil der Therapie. Zeugen Jehovas lehnen aufgrund ihres Glaubens häufig die Transfusion von Blut und Blutbestandteilen ab, was zu Verunsicherung und dramatischen Entscheidungsprozessen innerhalb des behandelnden Teams führen kann. Der in dieser Kasuistik beschriebene Fall zeigt die Behandlung einer jungen polytraumatisierten Patientin mit Schädel-Hirn-Trauma, Thoraxtrauma und einer Leberlazeration, die blutfrei therapiert wurde. Besonderer Stellenwert soll bei der hier beschriebenen Kasuistik den ethischen und rechtlichen Grundlagen beigemessen werden. Die möglichen therapeutischen Konzepte unter Einsatz von Gerinnungsprodukten, Erythropoietin und Eisen bleiben ebenso wie die ethische und rechtliche Situation weiter im Fokus der Diskussionen.

Abstract

Hemorrhage is frequently seen during the early phases of polytrauma management and intensive care treatment of the severely injured. Traumatic coagulopathy as well as the sometimes overlooked hyperfibrinolysis may lead to further complications. Therefore, transfusion of blood products and coagulation factors is often crucial. Jehova’s Witnesses reject transfusions of blood and blood products due to religious convictions. In this case report a therapeutic approach of a multiple trauma patient suffering from traumatic brain injury, blunt chest trauma and liver laceration is described, who has been treated without blood products. As one main focus, ethical as well as legal aspects are discussed. Beside therapeutic concepts, such as the administration of coagulation factors, recombinant erythropoietin and iron, ethical and legal aspects remain part of the controversial discussion.