Zusammenfassung
Hintergrund
Als wichtiges Mittel zur Ausgabenbegrenzung in der ökonomischen Reform des deutschen Gesundheitssystems wird eine vermehrte Marktöffnung unter Einzug wettbewerbsorientierter Finanzierungsbedingungen gesehen. Der Konkurrenzdruck zwischen humanem und ökonomischem Handeln erzeugt dabei ein Spannungsfeld, dass neben der Ärzteschaft auch den Patienten belastet. Um sich der Patientenmeinung wissenschaftlich zu nähern, wurde eine standardisierte Umfrage zur Standortbestimmung der Medizin zwischen Humanität und Wettbewerb durchgeführt.
Patienten und Methoden
Innerhalb von 10 Wochen wurden 524 stationäre Patienten zur Ressourcenverteilung im deutschen Gesundheitssystem befragt. Das strukturierte Interview umfasste 9 geschlossene Fragen mit vorgegebenen Antwortalternativen. Frage 3 enthielt einen frei ergänzbaren Teil. Das Geschlechtsverhältnis war ausgeglichen, die Altersverteilung spiegelte die klassische Belegung unserer Klinik wider.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
Die Mehrheit erwartet unter verstärkten Wettbewerbsbedingungen negative Veränderungen in der medizinischen Versorgung und im gesellschaftlichen Patienten- und Arztbild. Dabei überwiegen neben einer finanziellen Mehrbelastung der Verlust von Vertrauen, Selbstbestimmung und Therapiefreiheit. Eine mündige Leistungstransparenz wird dagegen nicht erwartet. Der Patient beurteilt wirtschaftlich orientierte Reformen im deutschen Gesundheitswesen weiterhin skeptisch bis ablehnend. Ziel zukünftiger Diskussionen muss es deshalb sein, die schismatische Trennung von Wettbewerb und Humanität im Bewusstsein des Patienten aufzuheben. Erst mit dem Verständnis, dass nur eine gesunde Finanzwirtschaft die Grundvoraussetzung für eine stabile soziale Sicherung ist, werden sich Synergien für die anstehenden Reformen freisetzen lassen.
Abstract
Background
An open medical market is supposed to be a promising tool for preserving the meagre resources of the German public health care system. The competition between humane and economic practice induces conflicts which burden physicians as well as patients. To analyse this problem by scientific means, inpatients were interviewed with the help of a standardised protocol.
Patients and Methods
During 10 weeks 524 inpatients were interviewed. The structured questionnaire consisted of nine closed-ended questions with multiple-choice answers. Question 3 included a free amendment. The gender ratio was balanced, and the age pattern represented the typical patient collective of our clinic.
Results and Conclusion
The majority of patients expect negative changes in their medical service and the social attitude towards patients and physicians due to promoted medical competition. Besides an increasing financial load, losses in trust, self-determination, and therapeutic freedom are expected. Instead a responsible transparency will not be achieved. Patients still judge the economically dominated reforms on the German health care market with scepticism or even hostility. In their point of view future discussions must aim at a more modern attitude towards health economics in order to bridge the schism they perceive between medical competition and humanitarianism. The understanding of strong financial management as a prime condition for stable social security is the basis of synergies to deal with upcoming reforms.
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Krones, C., Rosch, R., Steinau, G. et al. Medizin zwischen Humanität und Wettbewerb. Chirurg 79, 859–865 (2008). https://doi.org/10.1007/s00104-008-1555-1
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