Zusammenfassung
Hintergrund
Psychische Störungen stehen vermehrt im Fokus gesundheitswissenschaftlicher Betrachtungen. Das tatsächliche Ausmaß ist jedoch schwierig abzuschätzen, da flächendeckende Untersuchungen insbesondere im Längsschnitt fehlen.
Ziele
Mit Daten der AOK Niedersachsen aus den Jahren 2010–2013 wurde die administrative Inzidenz und Prävalenz psychischer Störungen abgeschätzt und alters- und geschlechtsspezifisch untersucht. Zudem wurde auf Stadt- und Landkreisebene analysiert, ob regionale Gegebenheiten mit der Häufigkeit diagnostizierter psychischer Störungen im Zusammenhang stehen.
Material und Methode
Die Auswertungen basieren auf Sekundärdaten von 1,5 Mio. Versicherten der Geburtsjahrgänge 1940–1994, die im betrachteten Zeitraum durchgängig versichert waren. Einbezogen wurden gesicherte Diagnosen aus der ambulanten Versorgung.
Ergebnisse
Jede dritte versicherte Person wies innerhalb von 12 Monaten mindestens eine Diagnose psychischer Störungen auf. Bei etwa 11 von 100 Versicherten wurde im Untersuchungsjahr 2012 eine psychische Störung neu dokumentiert. Frauen sind, mit Ausnahme der Störungen durch psychotrope Substanzen, deutlich häufiger betroffen als Männer. Des Weiteren wurden Altersunterschiede ermittelt. Auf regionaler Ebene zeigten sich in Bezug auf die administrative Prävalenz psychischer Störungen positive Zusammenhänge zur Ärzte- und Therapeutendichte. Darüber hinaus zeichnen sich Regionen mit einer hohen Arbeitslosenquote tendenziell durch eine hohe Prävalenz psychischer Störungen aus.
Schlussfolgerung
Die Ermittlung der administrativen Inzidenz und Prävalenz stellt trotz einiger Limitationen eine Möglichkeit dar, geschlechts- sowie altersspezifische und regionale Unterschiede aufzuzeigen. Die regionalen Auswertungen deuten darauf hin, dass die Beschäftigungssituation in den Kreisen im Zusammenhang zur Höhe der regionalen administrativen Prävalenz steht.
Abstract
Background
Mental disorder is the subject of ever-increasing attention in the field of public health. However, the actual number of such cases is difficult to determine owing to the lack of comprehensive longitudinal studies.
Objectives
The administrative incidence and prevalence of mental disorders were estimated on the basis of data from 2010 to 2013 provided by the health insurance company AOK, Lower Saxony, and were assessed according to age and gender. Additionally, possible correlations between local conditions and the occurrence of diagnosed mental disorders were examined for both urban and rural districts.
Materials and methods
Analyses were conducted using the secondary datasets of 1.5 million persons born between 1940 and 1994 who had been continuously insured throughout the period specified. Only documented diagnoses from outpatient care were taken into account.
Results
One third of the insured persons showed at least one documented diagnosis of a mental disorder within a 12-month period. In approximately 11 out of 100 cases, there was a newly documented diagnosis in 2012. With the exception of cases relating to psychotropic substance use, women were significantly more frequently affected than men. Age-specific differences were also determined. At a regional level, in relation to administrative prevalence, mental disorders showed positive correlations in the density of doctors and psychotherapists. Moreover, regions with a high rate of unemployment generally show a higher prevalence of mental disorders.
Conclusion
Despite certain limitations, the use of administrative incidence and prevalence data is a viable approach to assessing gender- and age-specific, and regional differences. Our regional analyses suggest a correlation between the local job situation and the level of regional administrative prevalence.
Notes
Dem SGB II werden Arbeitslose zugeordnet, die in der Regel Arbeitslosengeld II beziehen.
Dem SGB III werden Arbeitslose zugeordnet, die Arbeitslosengeld I beziehen oder aufgrund der Vermögenslage keinen Leistungsanspruch besitzen.
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Danksagung
Wir danken der AOK Niedersachsen für die Bereitstellung der pseudonymisierten Versichertendaten.
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Interessenkonflikt
Die durchgeführten Untersuchungen wurden im Rahmen der Forschungsprofessur FH! „Psychische Gesundheit in der Arbeitsgesellschaft – Geschlechterrollen im Fokus der Erwerbsarbeit (PsychGeA)“ an der Jade Hochschule erstellt, die finanziell unterstützt wurde mit Mitteln aus der Niedersächsischen Vorab Stiftung der Volkswagen AG. Die Mitautorin Frau Dr. S. Eberhard ist zuständig für den Bereich Politik und Versorgungsforschung bei der AOK Niedersachsen. Dr. C. Gerdau-Heitmann, Dr. S. Mümken und Prof. Dr. F. Koppelin geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Ein positives Votum der Medizinischen Ethikkommission der CvO Universität Oldenburg liegt vor (Antragsnummer 007/2015, Bewilligung vom 12.11.2015).
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C. Gerdau Heitmann und S. Mümken teilen sich die Erstautorenschaft.
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Gerdau-Heitmann, C., Mümken, S., Eberhard, S. et al. Psychische Störungen im Erwerbsalter. Bundesgesundheitsbl 60, 1346–1355 (2017). https://doi.org/10.1007/s00103-017-2638-2
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Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00103-017-2638-2
Schlüsselwörter
- Psychische Störung
- Administrative Inzidenz
- Administrative Prävalenz
- Kleinräumige Regionalanalyse
- Niedersachsen