Lebensmittelunverträglichkeiten sind derzeit ein „hot topic“ in unserer Gesellschaft und daher der Schwerpunkt für dieses und das nächste Themenheft. Ziel der Themenhefte ist, das Spektrum zum Thema Lebensmittelunverträglichkeiten mit den zahlreichen Facetten aus grundlagenwissenschaftlicher, klinischer, ernährungstherapeutischer und auch analytischer Sicht abzubilden. Im vorliegenden ersten Themenheft werden zum einen die wichtigsten Grundlagen und Pathomechanismen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Nahrungsmittelallergien dargestellt. Hierbei geht es in dem Artikel von Jörg Kleine-Tebbe und Koautoren um die Definition der Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit den damit verbundenen Pathomechanismen, die auch im Rahmen der Diagnostik eine wichtige Rolle spielen. Der darauf folgende Artikel von den Kollegen Schülke und Scheurer befasst sich im Schwerpunkt mit den Faktoren, die die Entstehung einer Lebensmittelallergie beeinflussen. Im Zentrum steht der Blick auf erstens die Zellen des Immunsystems, die im Rahmen einer allergischen Entzündungsreaktion aktiv beteiligt sind, und zweitens ihre funktionalen Eigenschaften im Rahmen einer Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktion. Das Wissen der immunologischen Grundlagen bildet eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung neuer Diagnostik- und Therapiemethoden. Im Folgenden gruppieren sich drei Artikel um die Nahrungsmittelallergie unter Berücksichtigung des Alters und regionaler Aspekte. Die Übersicht von Beyer und Niggemann, ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Nahrungsmittelallergie im Kindesalter, gibt einen guten Überblick zu den häufigsten Auslösern, der Diagnostik und Therapie einer Nahrungsmittelallergie im Kindesalter. Besonders interessant sind hier neue Aspekte der Prävention, da aktuelle Daten darauf hinweisen, dass eine frühe Einführung von Nahrungsmittelallergenen möglicherweise das Entstehen einer Toleranz begünstigen kann. Auch der Beitrag von Thomas Werfel aus Hannover, einem ausgewiesenen Experten der Nahrungsmittelallergie für die Erwachsenengruppe, stellt in übersichtlicher Form die Epidemiologie, Diagnostik und Therapie der Nahrungsmittelallergie im Erwachsenenalter dar. Auch hier wird kurz auf aktuelle Therapiemöglichkeiten und in diesem Zusammenhang die wichtige Beobachtung, dass es zahlreiche Methoden gibt, die für die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie nicht geeignet sind, eingegangen. Die Arbeit von Barta et al. rundet das Kapitel in Bezug auf die geografische Verteilung von Nahrungsmittelallergien ab. Die Häufigkeit der Nahrungsmittelallergie wird durch die Verzehrgewohnheiten einer Population beeinflusst. Darüber hinaus ist sehr wichtig, dass birkenpollenassoziierte Nahrungsmittelallergien in Nordeuropa, dort wo die Birkenpollenallergie häufig vorkommt, dominieren, während in Südeuropa die Sensibilisierung über andere Allergene erfolgt. Hier wird derzeit diskutiert, ob die Haut als primärer Sensibilisierungsweg eine wichtige Rolle spielt.

Das letzte Kapitel des ersten Themenheftes widmet sich im Schwerpunkt den Intoleranzreaktionen. Ihnen liegt keine immunologische Störung zugrunde, sondern im Falle der Laktoseintoleranz und verwandter Störungen Enzymdefekte bzw. Zuckerverwertungsstörungen, die von Christiane Schäfer, einer ausgewiesenen Ernährungstherapeutin, dargestellt werden. Im praktischen Alltag spielen Enzymdefekte eine große Rolle, da die Laktoseintoleranz bei bis zu 20 % der Bevölkerung in Deutschland vorkommt. Dagegen sind Zuckerverwertungsstörungen nicht selten überschätzt, jedoch können sie durch eine vernünftige Ernährungsberatung in der Regel leicht behoben werden.

Abzugrenzen hiervon ist die Histaminunverträglichkeit, wie sie idealerweise bezeichnet wird, da hier im Gegensatz zur Laktoseintoleranz kein definierter Enzymdefekt zugrunde liegt. Auch hier ist in der Praxis die ausführliche Beratung und Begleitung von Patienten mit Unterstützung einer Ernährungsfachkraft eine wichtige Basis, um die Betroffenen fachgerecht zu betreuen. Frau Dr. Reese, die sich seit vielen Jahren auf die Ernährungstherapie allgemein und im Speziellen im Bereich der Allergologie spezialisiert hat, hat die wichtigsten Aspekte der Histaminunverträglichkeit mit ihren Grenzen noch einmal übersichtlich kritisch zusammengefasst. Eine weitere Gruppe von Stoffen, die eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hervorrufen kann, sind die Zusatzstoffe, die entweder in prozessierten Lebensmitteln oder auch als natürlich vorkommende Stoffe in Lebensmitteln wie Tomaten vorkommen können. Die Arbeit von Zuberbier und Hengstenberg gibt eine kurze Übersicht, für welche Erkrankungen Zusatzstoffe eine Rolle spielen können und wie häufig sie aufgrund von Studien in der Bevölkerung angenommen werden können. In einem Algorithmus ist sehr übersichtlich dargestellt, wie die diagnostische Vorgehensweise bei Verdacht auf eine nichtallergische Nahrungsmittelunverträglichkeit zu wählen ist, um unnötige diätetische Maßnahmen langfristig zu vermeiden.

Zusammenfassend bietet das erste Schwerpunktheft einen Einstieg in das komplexe Thema der Nahrungsmittelunverträglichkeiten, der von den Grundlagen über Alters- und geografische Besonderheiten bis zu den nichtallergischen Unverträglichkeitsreaktionen reicht. Wir hoffen nicht nur Aktuelles und „state of the art“ zum Thema Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu vermitteln, sondern Ihr Interesse für dieses Thema und dessen Bedeutung geweckt zu haben. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und verbleiben mit herzlichen Grüßen.

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M. Worm

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S. Vieths