Zusammenfassung
Das Stammzellgesetz (StZG), das Einführung und Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen im Grundsatz verbietet, jedoch unter genau festgelegten Bedingungen eine Ausnahme von diesem Verbot vorsieht, ist das erste Bundesgesetz, das im Rahmen eines rechtlichen Genehmigungsverfahrens der Ethik eine eigene Prüfbefugnis zuweist. Den Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern der dazu von der Bundesregierung einberufenen Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung wurde die Aufgabe übertragen zu prüfen, ob ein gegebenes Projekt den vom Gesetzgeber festgelegten Kriterien genügt. Es sind dies „Hochrangigkeit“ der Forschungsziele, „hinreichende Vorklärung“ im Tier- bzw. adulten Humanmodell sowie „Alternativlosigkeit“, ohne deren Vorliegen Import und Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen nicht statthaft sind. Der Beitrag stellt die 3 Kriterien einschließlich ihrer (natur-)wissenschaftlich-ethischen Doppelfunktion aus ethischer Sicht vor und erläutert, wie mit ihnen umgegangen wird.
Abstract
The German Stem Cell Act forbids, in principle, the importation und use of human embryonic stem cells, but provides for exceptions under specific conditions. It is the first Federal German law that grants an ethical review authority over the approval process. The legislature has indeed established the criteria for the work of the members of the “Central Ethics Commission for Stem Cell Research” appointed by the Federal Government. The three criteria include the following: ‘high priority of the research goals’, sufficiencyy of research in the animal and adult human models’ and ‘the absence of an alternative’. Together they legitimate the importation and use of human embryonic stem cells. This paper seeks to elucidate these three criteria, to analyze their dual function as ethical and as scientific concepts, and to illustrate the ways in which they are being used.
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Beckmann, J.P. Die Kriterien der Hochrangigkeit, der hinreichenden Vorklärung und der „Alternativlosigkeit“ nach § 5 Stammzellgesetz aus ethischer Sicht. Bundesgesundheitsbl. 51, 954–960 (2008). https://doi.org/10.1007/s00103-008-0621-7
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