Die Behandlung mit Arzneien begründet sich im therapeutischen Nutzen für die Patienten. Die Bewertung des Nutzens erfolgt vor allem auf der Basis randomisierter, placebokontrollierter klinischer Prüfungen. Bei einer Reihe von Anwendungsgebieten, darunter bevorzugt solchen für Phytopharmaka, sind die Ergebnisse dieser Studien aber nicht repräsentativ für den Therapieerfolg in der Praxis. Dieses Missverhältnis in der Bewertungsgrundlage gab in zurückliegenden Jahrzehnten Anlass zu teuren Arzneimittelneuentwicklungen, die für die Praxis nur von begrenzter Relevanz waren. Ein typisches Beispiel sind die selektiven Antidepressiva. Deren Effektstärke wird wie die anderer Antidepressiva mehrheitlich durch Einflüsse des therapeutischen Umfeldes und nur zum geringeren Teil durch die Pharmakologie der Wirkstoffe bestimmt. Johanniskrautextrakte, die vom Umfeld besonders positiv aufgenommen werden, führen in der Praxis zu ähnlichen Behandlungserfolgen, haben aber ein Zehntel der Nebenwirkungen und kosten ein Viertel. Das Beispiel ist übertragbar auf weitere Indikationen im Bereich der Phytotherapie. Deren Rationalität begründet sich weniger mit stofflichen Besonderheiten als mit solchen im Rahmen der therapeutischen Anwendung.
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Schulz, V. Pflanzliche Arzneimittel und evidenzbasierte Medizin. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 46, 1080–1085 (2003). https://doi.org/10.1007/s00103-003-0744-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00103-003-0744-9