Zusammenfassung
Krankenkassen, die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben keinen oder nur einen geringen Spielraum haben, den Einsatz von Medikamenten im Off-Label-Use akzeptieren zu können, sind verpflichtet, den Versicherten eine Versorgung zu garantieren, die dem allgemein anerkannten Stand des medizinischen Wissens entspricht. Hierbei ist der Fortschritt zu berücksichtigen.Um dabei eine qualitätsgesicherte und allgemein verfügbare Versorgung zu gewährleisten, bedarf es mehr als des Vertrauens auf die therapeutischen Fähigkeiten der Ärzte. Die Therapieentscheidungen der behandelnden Ärzte haben den gesetzlichen Regularien zu entsprechen.Damit sind nur solche Pharmakotherapien einzusetzen, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.Das derzeitige Verfahren, dass nur zugelassene (In-Label-) Arzneimittel als Sachleistung der Krankenkasse gewährt werden, ist umstritten und hat schon mehrfach zu gerichtlichen Entscheidungen geführt.In diesem Spannungsfeld zwischen Entscheidung im Einzelfall und der Grundlagenentscheidung über den Einsatz von Medikamenten spiegelt sich medizinisch eines der grundlegenden Aufgabenstellungen eines solidarisch finanzierten Gesundheitswesens wider.Da dies in manchen Fällen durch Marktinteressen zu Lasten einer guten Qualität und zu Gunsten guter Bilanzen ausgenutzt wird, ist es notwendig, dass mehr Transparenz über die medizinischen und ökonomischen Dimensionen des Off-Label-Use hergestellt wird. Es ist daher ein entscheidender Schritt, dass für die medizinischen Fragestellungen eine auf das Off-Label-Urteil des BSG vom 19.3.2002 zurückgehende Fachkommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet wurde.Dies kann jedoch nur ein erster Schritt sein hin zu einer Versorgungslösung im Umgang mit Arzneimitteln außerhalb der Herstellerzulassung.
Abstract
Social health insurance funds are limited by law in accepting off-label use.At the same time, they are obliged to guarantee patients medical services based on current standards. Progress in medicine has to be taken into account. To establish more confidence in the attending physicians and their individual therapeutic skills, medical services should be quality-assured and generally available.Deciding between individual off-label use and common prescription of medicine has proven to be an area of conflict in a health system with a payment scheme based on solidarity. Transparency in medical and economic dimensions of off-label use is needed to avoid favoring marketing interests at the expense of quality.As part of a proper solution to clear medical questions,a board of experts at the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) was set up following the verdict on off-label use rendered by the Federal Court for Social Affairs (BSG) on 19 March 2002.Further efforts are necessary to regulate off-label prescription of medicine.
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Dr.med. J.Bruns Abteilung Grundsatzfragen der medizinischen Versorgung/Leistungen beim Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Frankfurter Straße 84, 53721 Siegburg, E-Mail: johannes.bruns@vdak-aev.de
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Bruns, J., Herz, E. Off-Label-Use aus Sicht der gesetzlichen Krankenkassen. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 46, 477–482 (2003). https://doi.org/10.1007/s00103-003-0626-1
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00103-003-0626-1