Zusammenfassung
Einige neue Blutprodukte und Plasmaderivate haben die Möglichkeiten in der Hämotherapie dermaßen erweitert, dass deren evidenzgesicherte Therapieoptionen kaum noch ohne Kenntnis von Leitlinien überschaut werden können. Vier Plasmapräparationen sind in Deutschland zugelassen: gefrorenes Frischplasma, lyophilisiertes Plasma, „solvent-detergent (SD-) pool plasma“ und methylenblaubehandeltes Plasma. Ihre klinische Wirksamkeit stützt sich vorwiegend auf unkontrollierte Beobachtungsstudien, Fallberichte und Expertenmeinungen. Die Plasmagabe ist bei komplexen Gerinnungsstörungen mit manifester oder drohender Blutung, v. a. bei der Massivtransfusion, Verbrauchskoagulopathie und Lebersynthesestörungen, indiziert. Vor der Plasmagabe sollte, falls, wie im Notfall, keine Laborwerte zur Verfügung stehen, immer eine klinisch relevante Gerinnungsstörung gesichert sein. Um Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren klinisch effektiv anzuheben, müssen zumindest 10 ml Plasma/kgKG verabreicht werden. Zur Aufhebung einer bedrohlichen oralen Antikoagulation sollten statt Plasma bevorzugt Prothrombinkomplex- (PPSB-)Präparate gegeben werden. Obgleich Nebenwirkungen nach Plasmagabe selten sind, sollen diese aber bei der Indikationsstellung berücksichtigt werden.
Abstract
Some new blood products and plasma derivatives have extended the possibilities in hemotherapy to such an extent that the therapeutic and evidence-based therapy options can only really be managed with the aid of guidelines. Four approved plasma preparations are available in Germany: fresh frozen plasma, lyophilized plasma, solvent-detergent (SD) pool plasma and methylene blue-light-treated plasma. Evidence of the clinical efficacy of plasma is mainly based on uncontrolled observational studies, case reports or expert opinion. Plasma is indicated for complex coagulopathy associated with manifest or imminent bleeding, particularly with massive transfusion, disseminated intravascular coagulation and liver disease. With the exception of emergency situations when clotting assay results are not available in time, a clinically relevant coagulopathy must be verified before plasma is administered. The rapid infusion of at least 10 ml of plasma per kg body weight is required to significantly increase the respective clotting factor or inhibitor levels. Prothrombin complex concentrates (PPSB) should be preferred to plasma for the rapid reversal of oral anticoagulation. Side effects of plasma are rare but have to be considered.
Notes
Die Literaturstellen, auf die die Evidenzgrade der Leitlinienempfehlungen basieren, sind am Ende der jeweiligen Kapitel aufgeführt (http://www.baek.de/hämotherapie).
Literatur
Die Literaturstellen, auf die die Evidenzgrade der Leitlinienempfehlungen basieren, sind am Ende der jeweiligen Kapitel aufgeführt (http://www.baek.de/hämotherapie).
Bundesärztekammer, Vorstand und wissenschaftlicher Beirat (Hrsg) (2009) Querschnittsleitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
Bundesärztekammer, Paul-Ehrlich-Institut (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie), aufgestellt vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer und vom Paul-Ehrlich-Institut, in der jeweils gültigen Fassung. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
Interessenkonflikt
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Heim, M., Hellstern, P. Neue (Querschnitt-)Leitlinien der Bundesärztekammer für die Hämotherapie mit gefrorenem Frischplasma. Anaesthesist 59, 80–85 (2010). https://doi.org/10.1007/s00101-009-1654-5
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