Haftete der Strahlentherapie in früheren Jahren der Nimbus einer Kellerdisziplin mit "Strahlenkanonen" in "Bunkern" an, ist sie längst zu einem integrierten Querschnittsfach aufgestiegen und nimmt im modernen Armamentarium der multimodalen Onkologie eine zentrale Rolle ein. Moderne Bildgebung und Bestrahlungstechniken - intensitätsmodulierte (IMRT) bildgeführte (IGRT) oder stereotaktische Radiotherapie (SBRT) -, aber auch Erkenntnisse aus Tumor- und Strahlenbiologie ermöglichen zunehmend, die Dosisverteilung im Körper optimal an das Tumorvolumen anzupassen. Damit haben sich die Heilungschancen bei einer Vielzahl uroonkologischer Tumoren verbessert, ohne dass die vormals gefürchteten Nebenwirkungen auftreten.

Am Beispiel des Prostatakarzinoms beleuchtet Constantinos Zamboglou aus Freiburg diese aktuellen Entwicklungen. Mittels moderner Bildgebung (mpMRT, PSMA-PET/CT) können intraprostatische Zielvolumina definiert und mit neuartigen Hybrid-Beschleunigern (z. B. MR-Linacs) oder der interstitiellen Brachytherapie fokal dosiseskaliert behandelt werden. Zunehmend lösen moderat hypofraktionierte (20 Fraktionen) und ultrahypofraktionierte Bestrahlungsregime (4-7 Fraktionen) die vormals mehrwöchige, normofraktionierte Radiotherapie (35-40 Fraktionen) ab. Ergebnisse aktueller Studien (STAMPEDE) legen nahe, dass auch oligometastasierte Patienten mit niedriger Metastasenlast von einer zusätzlichen Bestrahlung der Prostata profitieren können. Die Behandlungsalgorithmen der adjuvanten und der salvagen Radiotherapie bei (biochemischen) Rezidiven nach Operation schärfen sich.

Frank Grünwald und sein Team aus Frankfurt geben einen Überblick zur nuklearmedizinischen Bestrahlungsoption mittels Lutetium-177-PSMA-Liganden beim metastasierten Prostatakarzinom. Mittlerweile liegen für diese Therapie vielversprechende Ergebnisse auch aus randomisierten Studien vor (VISION). Die aktuelle S3-Leitlinie sieht deren Einsatz zwar erst nach Ausschöpfen etablierter Therapieoptionen beim kastrationsresistenten, progredienten Prostatakarzinom vor. In laufenden Studien wird jedoch der frühzeitigere Einsatz im klinischen Verlauf untersucht.

Der Beitrag von Nikolaos Tselis und Maximilian Fleischmann aus Frankfurt widmet sich der Rolle der Radiotherapie beim Nierenzellkarzinom. Galt diese Tumorentität früher als weitgehend "strahlenresistent", deuten neuere Daten darauf hin, dass hochdosierte hypofraktionierte oder stereotaktisch applizierte Einzeitbestrahlungen zu einer effektiven lokalen Kontrolle bei lokal-rezidivierten oder oligometastasierten Patienten führen und überdies eine immunogene Wirkung evozieren, die eine Kombination mit Immuntherapeutika nahelegt.

Der organerhaltenden Radiochemotherapie des muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms nach transurethraler Resektion widmet sich der Beitrag von Christian Weiss aus Darmstadt. Diese von der S3-Leitlinie als kurative Alternative zur radikalen Zystektomie ausdrücklich empfohlene Behandlungsform wird in Deutschland, zumindest aus Sicht der Radioonkologen, deutlich zu selten angeboten und durchgeführt. Im Artikel wird die aktuelle Evidenz der trimodalen Therapie sowie klinische Selektionskriterien für ihre optimale Anwendung beschrieben.

Im Jahr 2012 schrieb der ehemalige Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, der Urologe Lothar Weissbach, in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt mit dem Titel "Onkologie in Deutschland - Wurden Chancen vertan?": "Zweifellos ist es gelungen, in den letzten Jahren anerkannte und in Leitlinien verankerte multimodale Therapiekonzept durchzusetzen. Dies ist insbesondere der Integration der Radioonkologie zu verdanken." Diese Ausgabe von URO-NEWS zur Strahlentharapie uroonkologischer Tumoren setzt diese integrative Tradition fort.

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Prof. Dr. med. Claus Rödel

Klinik für Strahlentherapie, Universität Frankfurt