_ Die Prävalenzzahlen zur erektilen Dysfunktion (ED) allgemein und in den einzelnen Altersgruppen sind sehr ungenau. Britische Ärzte haben nun 40 Studien dazu aus allen Teilen der Welt ausgewertet (Kessler et al. BJU Int. 2019; https://doi.org/10.1111/bju.14813). Sie stießen auf enorme Schwankungen der ED-Prävalenz zwischen 3 % und 77 %. Für Europa lagen die Prävalenzen von ED zwischen 17 % und 65 %. Dabei kam es auf die Definition der ED an und darauf, ob die Männer nach ihrer eigenen Ansicht gefragt wurden oder anhand eines standardisierten Fragebogeninstruments Auskunft gaben. Nahm man alle Fragebogenstudien zusammen, betrug die Prävalenz von ED beliebiger Schwere 26 %. Manche der Fragebogeninstrumente waren indes relativ streng. Das könnte die hohe ED-Prävalenz selbst bei Männern unter 40 erklären: Sie betrug in den ausgewerteten Studien bis zu 46 %. Hier stünden vermutlich psychologische Ursachen im Vordergrund, so die Studienautoren. Ärzte sollten jedenfalls gezielt nach ED fragen und nicht erwarten, die Patienten würden ihre Probleme von sich aus ansprechen.

Die Ärzte beschäftigten sich auch mit diversen Assoziationen der ED mit anderen Erkrankungen, etwa mit kardiovaskulären Störungen oder benigner Prostatahyperplasie (BPH). Dabei bestätigten sich die bekannten Zusammenhänge: Die kardiovaskuläre Sterblichkeit von Männern mit ED war über zwölf Jahre Beobachtungszeit hinweg um 43 % erhöht, die Gesamtmortalität um 26 %. Die Wahrscheinlichkeit für eine BPH lag bei ED bis zu sechsmal so hoch wie ohne ED. Unklarer war der Zusammenhang zwischen ED und Demenz. Dazu fanden die Studienautoren nur eine Arbeit: Es handelte sich um eine Kohortenstudie, an der gut 4.000 Männer mit ED und knapp 21.000 Kontrollen beteiligt waren. Im Lauf von sieben Jahren entwickelten 2,5 % der Männer mit ED und 1,5 % der Kontrollpersonen eine Demenz. Das Risiko war für Männer mit ED damit um 68 % erhöht. ED könne nicht einfach als Konsequenz des physiologischen Alterns angesehen werden. Eine ED sei wohl ebenso Symptom pathologischer Prozesse wie kardiovaskulärer Erkrankungen, BPH oder Demenz, so die Studienautoren.