Mit eingeschränkter Nierentätigkeit steigt das Risiko einer akuten Harnwegsinfektion (HWI), die bei vorgeschädigten Nieren fatale Folgen haben kann — das legt eine Kohortenstudie mit 116.945 Patienten nahe.

Ärzte wählten aus einem britischen Register Patienten über 65 aus, die sich wegen einer akuten HWI beim Hausarzt vorgestellt hatten. Um herauszufinden, welche Rolle die Nierenfunktion zum Ausgangszeitpunkt für den Krankheitsverlauf spielte, verglichen die Ärzte anhand der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR-Werte) vier Gruppen (45–59, 30–44, 15–29, < 15 ml/min/1,73 m2). Als Referenz galten Patienten mit einer eGFR von ≥ 60.

Das Risiko für eine Klinikeinweisung wegen der HWI innerhalb der nächsten 14 Tage war in den vier Gruppen um relative 14 %, 25 %, 76 % respektive 68 % erhöht. Die Einweisungsraten aufgrund eines akuten Nierenversagens stiegen um den Faktor 1,57, 3,21, 6,70 respektive 4,53. In Bezug auf eine Sepsis wurden signifikante Risikoanstiege ab einer eGFR unter 45 ml/min/1,73 m2 festgestellt. Innerhalb eines Monats nach dem Praxisbesuch wegen der akuten HWI kam es zu 1.162 Todesfällen. Die Sterberate war bei Patienten mit einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 um relative 63 % gegenüber denjenigen mit normaler oder nur leicht eingeschränkter Nierenfunktion erhöht.

Fazit: Eingeschränkte Nierentätigkeit kann die Auswirkungen einer akuten Harnwegsinfektion verschlimmern: Mit sinkender geschätzter glomerulärer Filtrationsrate (eGFR) stieg das Risiko für eine Klinikeinweisung innerhalb von 14 Tagen um bis zu 76 %, das Risiko eines aktuen Nierenversagens um bis zu Faktor 4,5. Die Sterberate zeigte sich als bei einer eGFR unter 30 ml/min/1,73 m2 um relative 63 % erhöht.

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Die Nierenfunktion beeinflusst das Harnwegsinfektionsrisiko — mit fatalen Folgen.

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Auf Basis der Daten von insgesamt 134.173 Patienten, bei denen in dänischen Kliniken zwischen 1995 und 2013 eine Hämaturie festgestellt worden war, wurde in einer Kohortenstudie das Langzeitrisiko für urologische und nicht urologische Malignome bei vorangegangener Hämaturie untersucht. Krebserkrankungen dieser Patienten bis September 2018 wurden mit der entsprechenden Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung verglichen.

Bei 1,9 % der Patienten mit der Diagnose Hämaturie wurde innerhalb von drei Monaten ein invasives Blasenkarzinom festgestellt, bei 0,8 % ein nicht invasives Blasenkarzinom, bei 0,4 % ein Nierenkarzinom und bei 1,1 % ein Prostatakarzinom. Die kumulative Inzidenz für Blasenkrebs insgesamt stieg von 1,2 % nach einem Jahr auf 1,4 % nach fünf Jahren bei Frauen und von 2,9 % auf 3,3 % bei Männern. Während das Risiko für ein invasives Blasenkarzinom drei bis zwölf Monate nach der Hämaturiediagnose neunfach erhöht war („standard incidence ratio“, SIR 9,28), lag die Inzidenz nach einem bis fünf Jahren nur noch doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung (SIR 2,11). Danach blieb ein um etwa 20 % erhöhtes Risiko bestehen. Insgesamt waren von dieser Entwicklung weitaus mehr Patienten mit Makrohämaturie als mit Mikrohämaturie betroffen.

49,3 % der Patienten mit Hämaturie unterzogen sich innerhalb von drei Monaten einer Zystoskopie, bei 1,2 % war diese schon in den drei Monaten vor der Hämaturiediagnose durchgeführt worden. Fand innerhalb von drei Monaten oder bereits zur Zeit der Hämaturiediagnose eine Zystoskopie statt, lag die SIR für die Diagnose eines invasiven Blasenkrebses innerhalb von ein bis fünf Jahren nach festgestellter Hämaturie bei 0,36 vs. 3,5 bei Personen ohne Zystoskopie.

Auch bei Patienten mit nicht invasivem Blasenkarzinom (SIR nach ein bis fünf Jahren: 2,97) war die Erkrankungsrate ein bis fünf Jahre nach der Hämaturiediagnose fünfmal höher als in der Allgemeinbevölkerung (SIR 5,39), wenn keine Zystoskopie innerhalb von drei Monaten durchgeführt worden war. Bei Patienten mit dieser Untersuchung lag die SIR bei 0,16. Das allgemeine Risiko, nach Feststellung einer Hämaturie eine Krebsdiagnose zu erhalten, war in den ersten drei Monaten sehr hoch (SIR 14,15), fiel dann aber rasch ab und blieb nach fünf Jahren auf einem um etwa 10 % erhöhten Level gegenüber der Allgemeinbevölkerung. Dies entspricht einer kumulativen Inzidenz nach drei Monaten von 4,81 %, nach einem Jahr von 6,65 % und nach fünf Jahren von 12,34 %.

Unter den urologischen Malignomen dominierte der Nierenkrebs. Während das Risiko nach drei bis zwölf Monaten etwa sechsfach erhöht war, fiel es in den kommenden vier Jahren auf das Zweifache ab und blieb dann um etwa 50 % über dem der Allgemeinbevölkerung. Bei zystoskopierten Patienten erreichte die SIR 1,20, bei Patienten ohne frühe Zystoskopie 2,63. Ähnliches gilt für den Prostatakrebs, dessen Risiko ein bis fünf Jahre nach einer Hämaturiediagnose ebenfalls nur für Patienten ohne Zystoskopie erhöht war (SIR 1,38).

Bei Frauen bestand innerhalb der ersten drei Monate ein etwas gesteigertes Risiko für gynäkologische Malignome, mit einer kumulativen Inzidenz zwischen 0,05 % und 0,08 %. Danach glich sich das Risiko für Zervikal- und Ovarialkarzinome dem der Allgemeinbevölkerung an beziehungsweise lag darunter. Auch für das Kolorektal- oder Leberkarzinom fanden die Mediziner eine Risikoerhöhungen um das Vier- bis Sechsfache nur in den ersten drei Monaten.

Fazit: Eine Hämaturiediagnose könnte der Studie zufolge ein Marker für ein erhöhtes Krebsrisiko sein. Für urologische und hämatologische Malignome lag es auch nach fünf Jahren noch über dem allgemeinen Risiko. Insgesamt ist die kumulative Inzidenz den Studienautoren zufolge aber niedrig gewesen und das Risiko für urologische Krebserkrankungen auf Patienten beschränkt, die sich bis zu drei Monaten nach der Hämaturiediagnose keiner Zystoskopie unterzogen hatten.