braucht ’nen guten Urologen!“ Diese ebenso markante wie zutreffende Zeile stammt weder aus der spitzen Feder des deutschen Nationalhumoristen und Comic-Pioniers Wilhelm Busch noch aus dem Refrain einer Mainzer oder — viel schlimmer — Aachener Büttenrede. Die eingängigen Worte kommen jedem zu Ohren, der in einer urologischen Drei-Männer-Praxis im Freiburger Stadtteil Stühlinger anruft und das unverschämte Glück hat, in die inzwischen deutschlandweit bekannte Warteschleife zu geraten.

Urologische Hobbybarden landen Internethit

In ihrem urologischen Gassenhauer besingen die Ärzte Andreas Hackländer, Jonas Fritzsche und Axel Münch solo und im Chorus humorvoll und stimmgewaltig den urologischen Praxisalltag und bedienen virtuos so ziemlich jedes Klischee, mit dem die Klempner unter den Ärzten landläufig und weltweit belegt werden. Inhaltlich wie musikalisch steht das lustige Freiburger Terzett mit seinem One-Hit-Wonder offenhörlich in der parodistischen Tradition der berühmten Doktor-Eisenbart-Ballade -„Kurier die Leut’ auf meine Art, widewidewitt, bumm, bumm. Kann machen, dass die Blinden geh’n und dass die Lahmen wieder seh’n“ — allerdings ohne die dort übliche Todesfolge.

Im Februar dieses Jahres zeigten sich die Hobbybarden jedenfalls in einem Blog der Badischen Zeitung überrascht über den verzögerten, dann aber fulminanten Erfolg ihrer vertonten „Schüssel“-Reime. Schließlich hatten sie das Lied schon zwei Jahre zuvor in ihrer Telefonie installiert. Auch auf dem Online-Musikdienst Soundcloud (https://soundcloud.com/jonas-fritzsche-1/warteschleife) sei der Hit schon seit geraumer Zeit abrufbar. Doch erst Anfang des Jahres wurde die Affäre perakut: Die Zahl der Klicks im Internet ist inzwischen auf fast eine Million angestiegen. Bescheiden erklärten die Stühlinger Ärzte ihren Erfolg mit einer News-Flaute um die Jahreswende. „Wir haben Glück, dass gerade alles so ruhig ist“, kommentierte Dr. Hackländer, „sodass selbst unsere Melodie zur Nachricht wird“. Einen Wechsel ins Showgeschäft hat er bei gleicher Gelegenheit ausgeschlossen. Angebote der Toten Hoden und der Mannheim Uroband für gemeinsame Gigs habe man abgelehnt.

Anlass für die Eigenkomposition seien ursprünglich die ototoxischen Erfahrungen mit den gängigen Warteschleifenmelodien gewesen, die schon manchen in den Hörsturz oder gar an den Rand der psychiatrischen Akutintervention getrieben hätten. Im Hinblick auf die Terminvergabe in ihrer Praxis habe man zwar den Rolling-Stones-Klassiker „You can’t always get what you want“ erwogen, dann aber doch das hausgemachte Lied über schwindende Manneskraft, arg verdrehte Hoden und Blasenzwicken vorgezogen. Außerdem habe man den Patienten mit dem Lied als Hemmschwellensenker die Angst vor dem Urologenbesuch nehmen wollen. Ganz unumstritten sei das Projekt übrigens nicht gewesen, sagt Dr. Axel Münch. Während gesunde Menschen, die zur Vorsorge kommen oder solche mit harmlosen Erkrankungen immer über die Texte lachen könnten, sähe dies gelegentlich bei ernsthaft und schwer Erkrankten anders aus.

Ärzte und Musik — eine besondere Verbindung

Die Freiburger sind in ihrer originellen und handwerklich ausgesprochen professionell gemachten Musikalität keine Ausnahme. So wurde im Deutschen Ärzteblatt vor einigen Jahren eine besondere Verbindung von Ärzten zur Musik postuliert — sei es als aktive Musiker oder beim passiven Musikgenuss. Eine naheliegende Begründung ergebe sich aus gesellschaftlicher Perspektive. Demnach hätten Ärzte häufig einen bildungsbürgerlichen Hintergrund und es sei oft ein Teil ihrer Sozialisation, ein Musikinstrument zu erlernen. Eine viel interessantere Begründung ergebe sich aber aus strukturellen Analogien zwischen Medizin und Musik. In beiden Metiers gebe es „eine hoch strukturierte Basis im Sinne objektiver naturwissenschaftlicher (in der Medizin) beziehungsweise mathematischer (in der Musik) Systeme“. Und in beiden Fällen werden die Systeme mit einer subjektiven Auslegung kombiniert: Beim Arzt resultiere daraus die Basis einer persönlichen Arzt-Patienten-Beziehung, beim Musiker die individuelle künstlerische Interpretation. Hojotoho!

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„Ist dein Hoden arg verdreht, der Schmerz trotz Kühlung nicht vergeht, ein Nierenstein dich drangsaliert, ein Blasenkrampf dich attackiert ... dann sei beruhigt und wende dich an Münch, Fritzsche oder mich.“

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