Den ersten Schweizer Autor in der Strahlentherapie fand ich im Band IV von 1914: Rollier aus Leysin beschrieb und bebilderte (60 Bilder!) „Die Praxis der Sonnenbehandlung der chronischen Tuberkulose und ihre Erfolge“. Und 1920 zogen mit Ludin aus Basel die ionisierenden Strahlen in die Strahlentherapie der Schweiz ein: „Die Röntgentherapie der Polycythaemia rubra“. Seit diesem Jahr sind es prägende Radiologen, die sich auch bald in der Reihe der Herausgeber der Strahlentherapie fanden, beispielsweise 1923 Hans Rudolf Schinz, Zürich, aber auch Dermatologen wie Miescher (ebenfalls Zürich), die systematisch und oft an Probandinnen, die wegen Geschlechtskrankheiten hospitalisiert waren, die Strahlen in vivo erforschten. Auf Schinz folgten seine Schüler Adolf Zuppinger 1931 und später Rolf Wideroe 1954, Erfinder des Betatrons bei BBC. Es waren Einzelfiguren, die über die Grenzen der Schweiz hinaus ihre Erfahrungen in deutscher Sprache mitteilten. Damals wurde die wissenschaftliche Welt noch so erreicht. In den 50er Jahren finde ich 1953 Walter Bessler, Zürich, in der Strahlentherapie mit einem „Summary“ und einem „Résumé“ von je 5 Zeilen, Zeichen der Öffnung auch gegenüber anderen Sprachräumen.

Die Schweizer Radioonkologen bildeten bis 1996 zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Radiologie und Nuklearmedizin (SGRNM) eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, und zwar als „Sektion Strahlentherapie“. Die Vorträge der Jahrestagung wurden jeweils in einem Tagungsband gemeinsam und mit finanzieller Unterstützung der Diagnostiker veröffentlicht. Der Zusammenschluss der Schweizer Radioonkologen in der SASRO (Scientific Association of Swiss Radiation Oncology, gegründet 1996 in Bern) und die Mehrsprachigkeit der Schweiz legten dann den Fokus der Präsentationen auf die englische Sprache.

Was hat sich seit der Mitherausgeberschaft von Strahlentherapie und Onkologie im Jahre 1997 geändert? Die institutionalisierte Mitherausgeberschaft des jeweiligen Präsidenten der SASRO eröffnete der Schweizer Radioonkologie ein Forum zur Präsentation der Jahrestagungen und verhalf der jungen Gesellschaft unabhängig von der diagnostischen Radiologie zu einer wissenschaftlichen Plattform.

Obwohl Schinz bereits seit 1923 Mitherausgeber der Strahlentherapie war, finden sich viele seiner Publikationen in Oncologia, der „Zeitschrift für Erforschung, Bekämpfung, Behandlung und Soziologie der Krebskrankheit“, dem wissenschaftliches Organ der „Schweizerischen Nationalliga für Krebsbekämpfung und Krebsforschung“, seit 1967 Oncology. Schinz wurde auch selbst deren Herausgeber.

Die Mitherausgeberschaft von Strahlentherapie und Onkologie durch die SASRO seit 1997 hat in der Schweiz die Einzelpersonen, die in den ersten 50 Jahren in der Strahlentherapie das Feld beherrschten, in den Hintergrund treten lassen. Mit der englischen Sprache, die nach und nach die deutschsprachigen Beiträge ersetzte, stieg auch deren Attraktivität. Die Zahl der pro Jahr an die Strahlentherapie eingereichten und akzeptierten Publikationen ist konstant geblieben. Das anfallende „Mehr“ an wissenschaftlichen Publikationen aus der Schweiz floss dem „Red Journal“ (Int J Rad Oncol Biol Phys) und dem „Green Journal“ (Radiother Oncol), also der „Konkurrenz“ zu. Allerdings sind aus der welschen Schweiz weiterhin nur ca. 20% der Beiträge der letzten Jahre, die radioonkologisch, fachspezifisch veröffentlicht wurden, in der Strahlentherapie zu finden. Aus der Deutschen Schweiz sind dies nach wie vor mehr als 50%.

Aus den „goldenen Zeiten“ der Wissenschaftswelt mit einer identitätsstiftenden Zeitschrift für die deutschsprachigen Strahlentherapeuten ist ein international geachtetes Journal geworden, das wohl mit sicherer Hand aus Erlangen geführt wird, der Nachbarin Schweiz mit ihren Alpenübergängen aber ein Tor in eine neue Zeit zu öffnen wusste.