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Es gibt kaum eine Erkrankung am Kinderskelett, die eine derartig große Varianz in der Ausprägung, Verlauf und Heilungsergebnis aufweist. Daraus ergeben sich auch die Schwierigkeiten, echte und fundierte wissenschaftliche Untersuchungen zu planen und durchzuführen. Zu heterogen sind Alter, Zeitpunkt des Auftretens, Ausprägung und Heilungsverlauf. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass jeder Morbus Perthes heilt, d. h. sich wiederum eine stabile Knochen-Kopf-Struktur bildet, nur ist die Frage, in welcher Form. Somit ist der wichtigste Aspekt in der möglichen Beeinflussung der Krankheit, sei es im Frühstadium, aber auch bei nicht erkannten Situationen sowie in der Ausheilung genannt; es geht um die Erhaltung oder Wiederherstellung der Kongruenz (Containment) und der Sphärizität.

Oft wird dabei vergessen, dass die im Laufe der Erkrankung entstehenden Kopfveränderungen am wachsenden Skelett entsprechende Veränderungen auch an der Hüftpfanne nach sich ziehen. Dadurch kann die Funktion der Hüfte temporär, doch meistens dauerhaft beeinträchtigt werden. Nur daraus lässt sich ableiten, dass über viele Jahre hinweg sich chirurgische Behandlungen fast ausschließlich auf das proximale Femurende konzentriert haben. Erst mit der Einführung der sicheren und komplikationslosen chirurgischen Hüftluxation haben sich einerseits neue Aspekte, respektive ein neuer „inside view“ aufgetan, andererseits auch die Möglichkeit, direkt am Ort der Krankheit/des Geschehens aktiv zu werden.

Wir müssen uns immer bewusst sein, dass aufgrund des langen Krankheitsverlaufes und des initial ungewissen Endergebnisses sowie der damit verbundenen temporären oder auch dauerhaften Beeinträchtigung der Hüftfunktion für das betroffene Kind und seine Familie eine starke Belastung besteht. Die Diskussion um die optimale Behandlung, welche auch die Eltern immer wieder verunsichert, ergibt sich einerseits aus der nach wie vor unbekannten Ätiologie und somit auch einer möglichen Prophylaxe und andererseits aus dem nicht voraussehbaren Verlauf. Dementsprechend sind die therapeutischen Ansätze sehr heterogen und reichen von Beobachtung über Entlastung, der immer noch verwendeten Schienenbehandlung und Physiotherapie bis hin zu operativen Eingriffen.

Stellt man sich nun die Frage, was biomechanisch die beste Situation für ein Hüftgelenk ist, muss man unabhängig welcher „Therapie-Strömung“ man angehört, sagen, dass ein sphärischer Hüftkopf in einem kongruenten Azetabulum mit korrekter Überdachung das Optimum darstellt. Zieht man dies auch beim Morbus Perthes in Betracht, so kann die Antwort nur lauten; wir müssen alles unternehmen, um dieses Containment zu erhalten respektive in einer späteren Phase oder gar nach Ausheilung wiederum herzustellen. Nur diese Situation kann der mit Morbus Perthes erkrankten Hüfte eine länger dauernde oder gar permanente gute Funktion und Schmerzfreiheit ermöglichen. Wir wissen, dass diese 2 Faktoren nicht immer erreicht werden können.

Die vorliegenden Artikel sollen einerseits dazu beitragen, diese Denkweise zu stärken und bewusst zu machen, andererseits auch Wege aufzeigen, wie man sich an dieses, oben genannte Ziel annähern kann. Die modernen, heute zur Verfügung stehenden Operationstechniken, wie in diesen Artikeln gezeigt, können im Frühstadium, aber auch bei abgelaufenem Morbus Perthes einen sehr positiven Verlauf nehmen.

Ein wesentlicher Grundsatz ist uns jedoch ein großes Anliegen, dass man vom „aktiven Nichtstun“ wegkommt und sich viel mehr auf eine sich anbahnende Lateralisation/Dezentrierung der Hüfte konzentriert und nicht wartet, bis man in einer „Hinging-Hip“-Situation ist.

Dr. Theddy Slongo

PD Dr. Kai Ziebarth