Liebe Leserinnen und Leser,

die Anzahl an Wirbelsäulenoperationen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dies hat teilweise zu kritischen Schlagzeilen geführt und die Frage aufgeworfen, ob in Deutschland zu viel an der Wirbelsäule operiert wird. Unbestreitbar ist ein Grund für zunehmende Operationszahlen, dass unsere Patienten immer älter werden und sich die Techniken für die Versorgung dieser Patienten immer weiter verbessert haben. Damit können auch schwierige Situationen mit besseren Erfolgsaussichten operativ behandelt werden.

Auch wenn die operativen Techniken immer besser geworden sind, bleiben Komplikationen nicht aus. Ein sehr wichtiger Beitrag in diesem Heft ist daher die Beschreibung zur guten und sicheren Versorgung von intraoperativ entstandenen Duraverletzungen. Wie geht man mit den unterschiedlichen Defekten um, sei es bei mikrochirurgischen Dekompressionen oder bei Defekten nach offenen Versorgungen, um Spätkomplikationen zu vermeiden? Dieser Artikel gibt eine konkrete Anleitung, wie im Einzelnen zu verfahren ist.

Aufgrund der zunehmend älteren Bevölkerung sehen wir immer mehr auch kyphotische Fehlstellungen nach Frakturen. Diese können mittels PVCR („posterior vertebral column resection“) korrigiert werden. Um langstreckige rigide Deformitäten zu verbessern, kann die Pedikelsubtraktionsosteotomie über mehrere Segmente auch schwere Kyphosen korrigieren und die sagittale Balance wiederherstellen.

Leider birgt die Versorgung älterer Patienten auch ein höheres Risikopotenzial für Osteoporose und den damit verbundenen Materiallockerungen. Daher liegt ein weiterer Schwerpunkt in diesem Heft auf der Verbesserung der Pedikelschraubenstabilität. Wie kann beispielsweise mit richtig angewendeter Zementaugmentation die Pedikelschraubenstabilität erhöht werden? Biomechanische Daten zeigen, dass es sinnvoll ist, im präoperativen Computertomogramm die Knochendichte zu messen und dann unterhalb bestimmter Messwerte eine Augmentation durchzuführen.

Trotz aller Maßnahmen kann es zum Ausriss von Pedikelschrauben kommen. Wie kann man hierbei Vorgehen? Auch hierfür gibt es Überlegungen aus biomechanischen Untersuchungen, wie man durch nachträgliche Augmentation eine sehr gute Stabilität von Pedikelschrauben erreichen kann oder wann man sich für größere Schrauben entscheiden sollte.

Aufgrund der demographischen Entwicklung sehen wir immer mehr unterschiedlichste Verletzungen der Halswirbelsäule (HWS). Die Navigation ist dabei heute nicht mehr wegzudenken, um beispielsweise bei osteoporotischem Knochenstatus eine stabile Versorgung mit Pedikelschrauben im Bereich der HWS zu erzielen. In einem Beitrag zur Navigation an der HWS und am zervikothorakalen Übergang werden von unserem Präsidenten der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft 2018, Prof. Marcus Richter, nochmal ausführlich die Möglichkeiten und Tipps zur navigierten Versorgung der HWS dargestellt. Gerade an der oberen HWS gibt es im hohen Alter diverse Frakturformen, die eine stabile Versorgung von dorsal notwendig machen. Die Instrumentation des ersten Halswirbelkörpers kann dabei mit Pedikelschrauben, wenn die Anatomie es erlaubt, deutlich verbessert werden.

Abgerundet wird das Heft mit einem speziellen Thema zur Korrektur kindlicher Skoliosen. Auch hier hat sich in den letzten Jahren die Technik deutlich weiterentwickelt. Im Wesentlichen werden diese Techniken in speziellen Zentren angewendet, die eine entsprechend hohe Anzahl an Versorgungen vornehmen. Dennoch ist es sicherlich auch für den Wirbelsäulenchirurgen, der nicht täglich mit dem speziellen Gebiet der kindlichen Skoliosen befasst ist, wichtig und interessant, genaueren Einblick in diese Techniken zu bekommen.

Es war uns eine Ehre, dieses Schwerpunktheft zur Wirbelsäule gestalten zu dürfen. Ich hoffe, Sie empfinden die Lektüre ebenso nützlich und erleben einen Benefit für Ihre tägliche Arbeit.

Ihr

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Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Lehmann