Der Wunsch nach einer schonenden Operationstechnik ohne den Nachteil kosmetisch störender Narben findet sich in vielen chirurgischen Fachbereichen, auch in der Fußchirurgie.

Der Pionier der minimalinvasiven Operationstechnik auf dem Gebiet der Fußchirurgie war Morton M. Polokoff (USA), der bereits in den 1950er Jahren spezielle Instrumente entwickelte, um seine Operationen über kleinste Hautinzisionen durchführen zu können. In den letzten Jahrzehnten ist die Weiterentwicklung der minimalinvasiven Fußchirurgie (MIS) mit den Namen Stephen A. Isham (USA), Mariano de Prado (Spanien) und Peter Bösch (Österreich) verbunden.

Bei den MIS-Techniken am Vorfuß handelt es sich nicht um die Durchführung der bekannten und standardisierten Operationsverfahren über kleine Hautinzisionen. Vielmehr unterscheiden sich die Philosophie und das Behandlungskonzept der minimalinvasiven Vorfußchirurgie grundlegend von der konventionellen Operationstechnik. Dies wird beispielsweise bei der Korrektur von Kleinzehendeformitäten deutlich. Während das Behandlungsziel der konventionellen Operationstechnik darin besteht, die in Fehlstellung befindlichen Kleinzehengelenke durch eine Resektionsarthroplastik oder Arthrodese zu begradigen, basieren die minimalinvasiven Techniken auf meta- und diaphysären „Closing-wedge“-Osteotomien des Grund- und Mittelglieds.

Abgesehen von den divergenten Therapiekonzepten stellt auch die operationstechnische Durchführung (Verwendung von Frässystemen) den Operateur vor neue Herausforderungen. Der aus der konventionellen Chirurgie gewohnte Überblick über den Operationssitus muss beim minimalinvasiven Vorgehen durch ein anatomisch fundiertes dreidimensionales Vorstellungsvermögen des Operateurs ersetzt werden. Eine intraoperative Durchleuchtung ist unverzichtbar.

Die veränderte und „ungewohnte“ Operationstechnik zur Durchführung minimalinvasiver Verfahren am Vorfuß muss in gleicher Weise erlernt und trainiert werden wie andere operationstechnische manuelle Fähigkeiten. Ein kurrikuläres Erlernen der Behandlungsphilosophie – einschließlich Nachbehandlungskonzept einerseits und der Operationstechnik andererseits – ist deshalb eine unverzichtbare Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von MIS-Techniken. Eine flache Lernkurve wird von allen Anwendern bestätigt und belegt den hohen operationstechnischen Schwierigkeitsgrad minimalinvasiver Operationstechniken.

In dem vorliegenden Heft finden sich vier Beiträge, die häufige minimalinvasive Operationstechniken am Vorfuß zur Korrektur des Hallux valgus, der Kleinzehendeformitäten, der Bunionette-Deformität und des Hallux rigidus darstellen. Allen Beiträgen gemeinsam ist die Begeisterung der Autoren für diese innovative Operationstechnik, auf der anderen Seite aber auch der Respekt vor dem minimalinvasiven Vorgehen und seinen methodenimmanenten Risiken.

Unbestritten ist die minimalinvasive Operationstechnik am Vorfuß eine medizinische Behandlungsalternative, die im Vergleich zum konventionellen Vorgehen eine geringere Zugangsmorbidität mit Vorteilen für die Rehabilitationsphase beinhaltet. Die evaluierten grundlegenden Behandlungskonzepte der rekonstruktiven Vorfußchirurgie haben durch die minimalinvasiven Operationstechniken eine sinnvolle Ergänzung erfahren. Entscheidend für das Behandlungsergebnis und die weitere Entwicklung der MIS-Techniken werden jedoch unverändert eine befundangemessene Indikationsstellung, die kritische Abwägung der alternativen Behandlungskonzepte (minimalinvasiv vs. konventionell) und eine hohe operationstechnische Expertise des Operateurs sein.

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PD Dr. Renée Fuhrmann