Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist wichtig, um die Effizienz, Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung zu verbessern. Durch das Krankenhauszukunftsgesetz, eine Initiative der deutschen Bundesregierung, die darauf abzielt, die digitale Infrastruktur in Krankenhäusern zu stärken, kommt es gerade zu einem regelrechten Boom in diesem Bereich. Davon würde auch und gerade die Intensivmedizin profitieren, da hier enorme Datenmengen generiert werden, die, sinnvoll verwendet, sowohl für die unmittelbare Versorgung am Patienten als auch für wissenschaftliche Fragestellungen wertvolle Dienste leisten würden.

Enormer Innovationsstau im Bereich der Digitalisierung vor der Pandemie

Leider gab es in den Jahren vor der Pandemie gerade im Bereich der Digitalisierung in vielen deutschen Krankenhäusern einen enormen Innovationsstau, sodass viele finanzielle und menschliche Ressourcen aktuell für die nötige Nachrüstung verwendet werden müssen. Zudem müssen die vorhandenen Mittel häufig für patientenferne Applikationen, wie z. B. die Abrechnung oder die Anforderungen des Medizinischen Diensts aufgebracht bzw. aufgebraucht werden. Dies verzögert die Implementierung von Softwarelösungen für eine bessere Patientenversorgung ebenso wie die Anforderungen an den Datenschutz, die zwar im Prinzip sehr sinnvoll sind, in manchen Fällen aber oft zu strikt angewendet werden. Darauf weist auch Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, schon 2022 in einem lesenswerten Interview in der SZ hin: „Die Kombination unseres strikten Datenschutzes mit der wenig pragmatischen Kultur der Datennutzung kostet Leben“. Es bleibt zu hoffen, dass wir durch einen pragmatischen, patientennahen Ansatz die Vorteile der Digitalisierung gerade für die uns anvertrauten Patienteninnen und Patienten nutzen können.

In diesem Themenheft haben wir mehrere Aspekte der Digitalisierung für unsere Intensivstationen aufgegriffen.

Obwohl die Verbreitung von Patientendatenmanagementsystemen rasch zunimmt, erscheint deren unzureichende Standardisierung als ein Problem, das den Austausch von Daten zwischen verschiedenen Systemen und die Interoperabilität erschwert. R. Riessen et al. liefern dazu in ihrem Artikel „Funktionelle Anforderungen an Patientendatenmanagementsysteme in der Intensivmedizin“ wertvolle Analysen und Verbesserungsvorschläge.

Natürlich darf in einem solchen Band das Thema künstliche Intelligenz (KI), bzw. „artificial intelligence“ (AI) nicht fehlen. Sprachbasierter KI-Modelle (z. B. ChatGPT, OpenAI, San Francisco, CA, USA) verbreiten sich mit atemberaubender Geschwindigkeit und dürften unsere Arbeitsweise nachhaltig beeinflussen. M. Haar et al. zeigen in ihrem Artikel „Stellenwert von Natural Language Processing und chatbasierten Generative Language Models“ den möglichen Nutzen, aber auch die Risiken solcher Weiterentwicklungen auf.

A. Baumgart et al. beschäftigen sich mit dem Thema „Künstliche Intelligenz in der Intensivmedizin“ im Allgemeinen, wohingegen sich F. Perschinka et al. dem intensivmedizinisch sehr relevanten Thema der akuten Nierenschädigung widmen und tiefere Einblicke in das Thema „Künstliche Intelligenz und akute Nierenschädigung“ geben.

Auch die medizinische Ausbildung kann in vielen Bereichen von der technischen Evolution profitieren. T. Sauter et al. zeigen dies in ihrem Beitrag „Medical Extended Reality in der digitalen Notfallmedizin“ exemplarisch für High-acuity-low-occurrence(HALO)-Prozeduren.

Insgesamt hoffen wir, durch dieses Leitthemenheft einen ersten Ausblick auf die Herausforderungen, Möglichkeiten und Risiken der auf unsere Intensivstationen in den nächsten Jahren zukommende digitale Revolution geben zu können. Wir wünschen Ihnen neben einem Informationsgewinn auch viel Anregung und Spaß beim Lesen.

Dr. Matthias Baumgärtel

Prof. Dr. Michael Joannidis