Trotz neuer Behandlungsstrategien und Fortschritte in der Gerätetechnologie ist die Therapie des akuten Lungenversagens („acute respiratory distress syndrome“, ARDS) nach wie vor eine intensivmedizinische Herausforderung. Das Konzept der lungenprotektiven Beatmung basierend auf der Limitierung des inspiratorischen Plateaudrucks auf <30 cm H2O und des Tidalvolumens auf 6 ml/kg Idealgewicht unter Anwendung eines „adäquat hohen“ PEEP-Niveaus gilt derzeit als eine der wenigen evidenzbasierten Therapiestrategien in der Behandlung des ARDS, die zu einer signifikanten Verbesserung der Überlebensrate von ARDS-Patienten beitragen [1, 2].

Die Wahl des „optimalen“ PEEP-Niveaus ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, und die Bandbreite an Konzepten zur PEEP-Einstellung beim ARDS-Patienten ist groß. Bisher gibt es keinen allgemeinen Konsens, wie hoch der PEEP bei der Beatmung von ARDS-Patienten gewählt werden soll. Auch die Frage, welche Form der PEEP-Optimierung als Methode der Wahl anzusehen ist, wird nach wie vor kontrovers diskutiert [3].

Neue bettseitige Diagnoseverfahren, wie die elektrische Impedanztomographie (EIT), ermöglichen erstmals eine PEEP-Optimierung unter Berücksichtigung der regionalen Effekte [4]. Während die graphische Darstellung der Druck-Volumen-Kurve eine Beurteilung der globalen Compliance erlaubt, können mit der EIT regionale Ventilationsänderungen erfasst werden. So kann beispielsweise während einer PEEP-Titrierung die Compliance des respiratorischen Systems gleich bleiben, da in den dorsobasalen Lungenarealen alveoläre Rekrutierung stattfindet, während ventrale Lungenkompartimente bereits überdehnt und potenziell geschädigt werden.

Das Dilemma der Beatmungsoptimierung ist, dass bei höheren PEEP-Werten und konstanter Druckamplitude höhere Plateaudrücke mit der Gefahr der regionalen Überdehnung generiert werden.

Eine Einstellung des PEEP-Niveaus anhand einer FiO2-PEEP-Tabelle ist rein willkürlich und nicht auf pathophysiologische Kriterien begründet, sodass diese Methode nur als grobe Richtlinie zur PEEP-Einstellung angesehen werden darf. In diesem Zusammenhang konnten Talmor et al. [5] nachweisen, dass eine PEEP-Optimierung nach transpulmonalem Druck im Vergleich zu einer FiO2-PEEP-Tabelle mit einer klinisch relevanten Verbesserung der Überlebensrate einherging.

Die Dehnung der Alveolen („strain“) hängt maßgebend von der verbleibenden Gasaustauschfläche (funktionelle Residualkapazität, FRC) ab. Für die Höhe des zu applizierenden Tidalvolumens ist neben dem idealen Körpergewicht das Ausmaß der verbleibenden FRC entscheidend. Computertomographische Untersuchungen [6] haben gezeigt, dass bei ARDS-Patienten trotz Anwendung eines protektiven Beatmungsmusters eine Überdehnung in den ventralen Lungenkompartimenten auftrat.

Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass durch die Anwendung eines ultraprotektiven Beatmungsmusters der lungenprotektive Effekt weiter erhöht werden kann.

So konnten Terragni et al. [7] zeigen, dass ein ultraprotektives Beatmungsmuster in Kombination mit extrakorporaler Decarboxylierung im Vergleich zu einem herkömmlichen protektiven Beatmungsmuster mit einer signifikant geringeren Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen in die bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit assoziiert war. Ob die frühe Anwendung eines ultraprotektiven Beatmungsmusters die Überlebensrate von ARDS-Patienten verbessert, kann momentan nicht beantwortet werden, weil dazu keine prospektiv randomisierten Studien vorliegen.

Durch die Bauchlagerung als supportive Therapiemaßnahme kann zumindest bei Patienten mit schwerstem hypoxämischem Lungenversagen (PaO2/FiO2 <100 mmHg) eine Verbesserung der Überlebensrate erzielt werden [8]. Bei der Interpretation von Bauchlagenstudien kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass der postulierte lungenprotektive Effekt der Bauchlagerung hinsichtlich einer Abnahme der ventilatorassoziierten Lungenschädigung durch die Anwendung inadäquat niedriger PEEP-Werte konterkariert wurde.

Die zweite große Herausforderung für die moderne Beatmungstherapie ist die respiratorische Insuffizienz bei akut exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (AE-COPD). Die zunehmende Verbreitung dieser Erkrankung in der westlichen Welt erfordert erfolgreiche und kosteneffiziente Therapiekonzepte. Dies ist eine der wesentlichen Gründe, weshalb sich das pulmonale Atempumpversagen als die Hauptdomäne der nichtinvasiven Beatmung (NIV) herauskristallisierte [9]. Derzeit gilt die NIV als die bevorzugte Beatmungsform bei AE-COPD. Sie reduziert die Notwendigkeit der Intubation und verbessert potenziell das Outcome der Patienten.

Bei akut exazerbierter COPD kann die NIV das Outcome verbessern

Auch die erfolgreiche Entwöhnung vom Respirator (Weaning) ist ein komplexer und multifaktorieller Prozess, der sowohl die Kenntnis und Anwendung von pathophysiologischen Prinzipien als auch eine ganzheitliche Sicht des Intensivmediziners unter Einbeziehung sämtlicher Organfunktionen erfordert.

Wir hoffen, mit diesem Themenheft eine praxisrelevante und interessante Übersicht über das beatmungstherapeutische Management bei Intensivpatienten zu geben, die neben einer klinischen Orientierungshilfe auch einen Einblick in die aktuelle wissenschaftliche Diskussion erlaubt.

Univ.-Doz. Dr. W. Oczenski, Wien

Univ.-Prof. Dr. M. Joannidis, Innsbruck