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Pflanzliche Arzneimittel—potent und gut verträglich?

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Medizinische Klinik Aims and scope Submit manuscript

Kasuistik

Eine 56-jährige, voll im Arbeitsleben stehende Archivarin klagte bei ihrer Vorstellung über eine erhöhte Infektanfälligkeit (fünf Erkältungen im Jahr), über nahezu täglich auftretende Spannungskopfschmerzen, über erhebliche Beschwerden wegen einer seit 3 Jahren zunehmenden Rhizarthrose rechts und über eine chronische Obstipation. Wegen der im Rahmen der Erkältungskrankheiten auftretenden hartnäckigen Bronchitiden war sie im vergangenen Jahr insgesamt dreimal mit Antibiotika behandelt worden. Die Anamnese ergab eine erhebliche familiäre Belastungssituation durch einen im gleichen Hause wohnenden älteren ledigen Bruder ihres Ehemannes. Sie selbst war bis auf eine vor 9 Jahren wegen Cholezystolithiasis erfolgte Cholezystektomie im Wesentlichen bisher gesund gewesen. Die körperliche Untersuchung zeigte eine leicht übergewichtige (Body-Mass-Index [BMI] 28,7 kg/m2) Patientin in gutem Allgemeinzustand; es fanden sich ein leicht geblähtes Abdomen mit deutlich reduzierter Peristaltik, eine verspannte Nackenmuskulatur und eine deutlich durch Schmerzen eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Daumengrundgelenks. Die Diagnose Rhizarthrose war bereits durch einen Orthopäden gesichert worden. Das Routinelabor ergab keine Besonderheiten. Die Patientin wünschte ausdrücklich die Therapie mit möglichst nebenwirkungsarmen Medikamenten. So lehnte sie nichtsteroidale Antirheumatika wegen der nach Einnahme bei ihr auftretenden Magenbeschwerden ab. Die bisher von ihr durchgeführte Behandlung der chronischen Obstipation mit ballaststoffreicheren Nahrungsmitteln tolerierte sie schlecht, insbesondere traten immer wieder erhebliche Blähungen auf. Die Infektanfälligkeit bereitete ihr wegen der Fehltage am Arbeitsplatz Sorgen; hier fragte sie nach einer leicht durchführbaren Möglichkeit zur Prävention.

Die Patientin verließ die Ambulanz mit einem „Grünen Rezept“ mit einem Knoblauchpräparat, einem Flohsamenschalenpräparat und einer 10%igen pfefferminzölhaltigen Salbe. Brennnesselblätter wuchsen reichlich in ihrem Garten; für den Winter wollte sie sich eine Pflanze in einen hellen Raum stellen. Sie wurde darauf aufmerksam gemacht, dass nur Blätter von nicht blühenden Pflanzen zu verwenden sind. Die Dosis des Flohsamenschalenpräparats sollte sie alle 3 Tage um 5 g steigern und bei 10 g/Tag beginnen.

Bei einer nach 4 Monaten erfolgenden Wiedervorstellung berichtete sie, alle Präparate gut zu vertragen, sie habe bei den Flohsamenschalen jedoch gleich mit 15 g/Tag begonnen. Die initiale Blähneigung war tolerabel, nach 3 Wochen war der Stuhlgang unter 25 g Flohsamenschalen/Tag weitgehend normal. Wegen des Wohlbefindens im abdominellen Bereich konnte sie sich wesentlich besser bewegen und dachte auch über die Aufnahme eines leichten körperlichen Trainings nach. Die Lokaltherapie mit Pfefferminzöl empfand sie als außerordentlich nützlich, im Mittel war sie 3 h nach Therapiebeginn weitgehend schmerzfrei. Sie suchte inzwischen aktiv nach einer Lösung für den Konflikt mit ihrem Schwager, da sie annahm, dass dieser die auslösende Ursache für ihren Spannungskopfschmerz darstellte. Die ursprünglich befürchtete soziale Isolation am Arbeitsplatz durch den Knoblauchgeruch hatte sich als nicht so bedeutsam erwiesen; eine häufiger mit ihr zusammenarbeitende Mitarbeiterin nahm jetzt ebenfalls das Präparat ein, um Infekten vorzubeugen. Bei der Patientin selbst waren im zurückliegenden Zeitraum keine respiratorischen Infekte aufgetreten. Die Lokaltherapie mit dem Brennnesselblatt schilderte sie als anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, die nach etwa 1 Woche eintretende starke Beschwerdelinderung überzeugte sie jedoch von der Sinnhaftigkeit der Maßnahme. Sie hatte die Therapie zwischenzeitig für 3 Wochen ausgesetzt, sie dann aber nach erneutem Auftreten der Beschwerden wieder begonnen. Insgesamt war sie äußerst zufrieden mit der Therapie und den geringen Kosten trotz der fehlenden Erstattungsfähigkeit.

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Kraft, K. Pflanzliche Arzneimittel—potent und gut verträglich?. Med Klin 100, 401–405 (2005). https://doi.org/10.1007/s00063-005-1055-8

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