Kasuistik.
Eine 42-jährige leicht übergewichtige Verkaufsleiterin eines Supermarktes sucht ihren Internisten auf, weil sie seit mehreren Monaten ein brennendes Gefühl hinter dem Brustbein bemerkt. Sie ist früher nie krank gewesen und hat keine Operationen im Bereich des Abdomens durchgemacht. Die Beschwerden haben anfangs nur zwei- bis dreimal pro Woche bestanden, treten in den letzten 2 Monaten aber nahezu täglich auf. Nachdem sie bemerkt hat, dass der Genuss von Zwiebeln und trockenem Rotwein die Intensität und Dauer der Beschwerden fördert, verzichtet sie seit Wochen weitgehend auf beides. Auch den früher üblichen wöchentlichen Besuch des Fitnessstudios hat sie eingestellt, da sich nach körperlichen Anstrengungen das Brennen bis in den Hals erstreckte. In letzter Zeit wacht sie gelegentlich nachts auf, was sie auf das Sodbrennen zurückführt. Auf einen Rat von Bekannten hin hat sie bislang versucht, die Beschwerden durch den Genuss von warmer Milch und Antazida aus der Apotheke zu lindern. Den Besuch beim Arzt hat sie lange hinausgezögert, da in ihrem Bekanntenkreis das Thema Sodbrennen häufig diskutiert worden ist und sie festgestellt hat, dass mehrere Personen zum Teil seit Jahren damit leben. Nachdem es in der letzten Woche auch zweimal zu heftigem sauren Aufstoßen und Erbrechen gekommen ist, ist sie jedoch beunruhigt und fühlt sich durch die Beschwerden doch erheblich beeinträchtigt. Im Anamnesegespräch stellt sich heraus, dass die Patientin wegen des gestörten Schlafs häufig tagsüber müde ist, körperliche Anstrengungen und sportliche Betätigungen sowie Einladungen und Restaurantbesuche weitgehend eingestellt hat. In jeder Jackentasche und in jeder Handtasche hat sie mehrere Beutel mit Antazida, von denen sie zuletzt zehn bis 15 pro Tag eingenommen hat.
Unsere 42-jährige Verkaufsleiterin stimmte einer endoskopischen Untersuchung zu. Sie hatte eine Refluxösophagitis Grad A und wurde deshalb über 4 Wochen hinweg mit der doppelten Standarddosis eines PPI behandelt. Bereits am 2. Tag nach der Einnahme waren die Beschwerden deutlich gebessert, sie schlief besser, und der Husten war nach 1 Woche verschwunden. 1 Monat nach Beginn der Therapie erfolgte eine weitere Ösophagogastroduodenoskopie, die erwartungsgemäß eine vollständige Abheilung der Ösophagitis zeigte. Unter Therapie mit einer Standarddosis ist die Patientin weiterhin weitgehend beschwerdefrei.
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Füeßl, H.S. Sodbrennen—Symptom oder Krankheit?. Med Klin 99, 237–249 (2004). https://doi.org/10.1007/s00063-004-1036-3
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