Nach dem Gespräch zur Entbudgetierung am 09. Januar 2024 zeigten sich die Vertreter der Fachärzte erwartungsgemäß enttäuscht. Lauterbach setzt allerdings nur publikumswirksam um, was im Koalitionsvertrag steht: die Entbudgetierung der Hausärzte. Die Probleme nehmen schließlich stetig zu, die Hilferufe werden lauter [https://www.aend.de/article/225665]. Das nutzt Lauterbach in bewährter Manier aus, um die Vertragsärzteschaft weiter zu spalten. Klassisches divide et impera, wobei er sich auch die jahrelangen Verteilungskämpfe um die Honorartöpfe innerhalb der niedergelassenen Ärzteschaft zunutze macht. Zudem spielt der Vorstoß der langfristigen Strategie des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in die Hände, die Hausärzte als Lotsen im Gesundheitswesen zu befrieden, die freiberufliche fachärztliche Versorgung sukzessive auszutrocknen und stattdessen in Form von Polikliniken an die Krankenhäuser zu verlagern.

Lauterbach der „Quantenspringer“

Zu den zahllosen Versäumnissen der Gesundheitspolitik in den letzten zwei Jahrzehnten zählen die stümperhaften Implementierungsversuche der Digitalisierung in den Medizinbetrieb. Federführend auch hier der glücklose Gesundheitspolitiker Lauterbach, der nichtsdestotrotz - oder vielleicht gerade deshalb - weiterhin unbehelligt seit Unwesen treibt. Da passt es doch, dass er bei der Verabschiedung der Digitalgesetze am 14. Dezember 2023 allen Ernstes von einem „Quantensprung“ für die Digitalisierung im Gesundheitswesen faselt, nicht ohne gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass diese Gesetze auf Grundlagen basieren, die bereits vor 20 Jahren unter seiner Mitarbeit erarbeitet wurden. Ein klassischer Lauterbach halt oder auch Peter-Prinzip in Reinkultur.

Andererseits wissen wir natürlich, gut Ding braucht Weile und das gilt nicht nur für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, wie eine vergleichende Untersuchung der EU zur Verwaltungsdigitalisierung in den Mitgliedsstaaten zeigt; Deutschland liegt auf Platz 18, Spanien auf Platz 5. Das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG) wurde als Startschuss für eine nachhaltige Transformation der öffentlichen Verwaltung angepriesen; bis Ende 2022 sollten ca. 600 Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert werden. Bis Mai 2023 waren gerade einmal 20 % des Pensums geschafft. Kein Problem für unsere Volksvertreter; par ordre du mufti wurden einfach die Vorgaben geändert: Eine konkrete Frist bis Ende 2024 gilt nur noch für 15 (sic), sogenannte „zentrale“ Dienstleistungen [Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.11.23]. Wenn schon die Digitalisierung nur schleppend vorankommt, bei der Entbürokratisierung machen wir immerhin Fortschritte, auch hier natürlich in überschaubarem Rahmen. 2024 gibt es in diesem Zusammenhang ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Danach müssen Sie Ihre Buchungsbelege zukünftig nur noch acht statt wie bisher zehn Jahre aufbewahren. So sieht hierzulande Fortschritt aus - im Quantensprungmodus.

Eckpunktepapier Notfallreform

Auch mit dem Entwurf zum Eckpunktepapier Notfallreform geht das BMG auf Konfrontationskurs mit den Niedergelassenen. In dem Gesetzentwurf heißt es u. a.: Zur Vereinheitlichung der notärztlichen Versorgung „wird der Sicherstellungsauftrag der KVen konkretisiert. Sie müssen rund um die Uhr eine telemedizinische Versorgung sowie Hausbesuche insbesondere für immobile Patientinnen und Patienten bereitstellen“. Wer das bewerkstelligen oder gar finanzieren soll, wird wie üblich verschwiegen.

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Prof. Dr. med. Gerhard Grevers Chefredaktion