Angesichts chronisch klammer Kassen sollen nach Auffassung der Bundesregierung, bzw. einiger ihrer Repräsentanten, jetzt endlich auch mal die "Besserverdiener" ran. Das Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt mittlerweile ca. 17 Mrd. Euro und für 2023 wurde bereits ein Bundeszuschuss von 16,5 Mrd. Euro gewährt, aber das reicht natürlich nicht. Und da die Nummer mit der Bürgerversicherung auch in dieser Legislaturperiode wieder nicht geklappt hat, wollen Grüne und SPD die privaten Krankenversicherungsträger jetzt über eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4.987,50 € auf 7.100 € bzw. 7.300 € (neue/alte Bundesländer) aushebeln. "Man rechne mit deutlichen Mehreinnahmen und belaste damit - anders als mit höheren Beitragssätzen - lediglich die Gutverdiener" zitiert das Handelsblatt vom 09.05.23 eine Grünen-Fraktionsvize. Solche populistischen Sprüche sind bekanntlich Selbstläufer; ob sie nachhaltig vom eigenen, parteiinternen Besserverdienerfilz ablenken können, sei dahingestellt. Unabhängig davon ist es immer schwer einzuschätzen, was derartige Maßnahmen letztendlich bringen, zumal Freiberufler, Selbstständige und Beamte - letztere sind übrigens zu 94 % privat versichert (www.beamte-info.de) - ja nicht unter die Beitragsbemessungsgrenze fallen. Apropos Beamte; Berechnungen des Steuerzahlerbundes zufolge wurde von der gegenwärtigen Bundesregierung allein die Zahl der Spitzenbeamten in den Besoldungsstufen B3-B11 mit stattlichen Monatssalären zwischen 9.000 € und 15.000 € (ohne Zuschläge und Ministerialzulage versteht sich) um fast 10 % erhöht - und die sind wohl (s. o.) fast alle privat versichert.

Unausgegorene Gesetzesentwürfe à la Lauterbach

Durchaus sportlich und ambitioniert war die Rede des alten und neuen Präsidenten der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag in Essen. Unter anderem kritisierte er, dass BÄK, KV, Pflegerat, Dt. Krankenhausgesellschaft und viel andere Organisationen - also die praktisch tätigen Experten im Gesundheitswesen - von der Beteiligung an den Reformkommissionen ausgenommen wurden, und zitierte auch gleich die absurde Begründung des verantwortlichen Ministers, dass dieser bereits im Vorhinein gewusst habe, was diese Gruppen zu den Reformvorschlägen sagen würden. Am Beispiel Krankenhausreform wird exemplarisch deutlich, wohin Alleingänge führen, wenn man wichtige Player, in diesem Fall die Bundesländer, außen vorlässt. Das Gutachten des Augsburger Rechtswissenschaftlers Wollenschläger kam jedenfalls zu dem Schluss, dass das BMG hier gegen das Grundgesetz verstößt, da es die in der Verfassung verankerte Gesetzgebungskompetenz der Länder schlicht ignoriert. Ein ähnlicher Rohrkrepierer aus dem Hause Lauterbach ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, gegen das bereits Beschwerden der Pharmakonzerne Abbvie und Roche beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorliegen. Auch das Vorhaben des BMG, die Gründung investorenbetriebener MVZ zu erschweren, eine Betriebsform, die Lauterbach mit seiner erratischen Ziehmutter Ulla Schmidt vor 20 Jahren bekanntlich erst möglich gemacht hat, steht juristisch auf sehr wackligen Füßen.

All diese Vorgänge verdeutlichen wieder einmal, wie schlampig und unprofessionell Gesetzentwürfe von dieser Regierung bzw. deren hoch bezahltem Beamtenapparat vorbereitet und auf den Weg gebracht werden.

figure 1

Prof. Dr. med. Gerhard Grevers

Chefredaktion