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In der Rubrik „Literatur kompakt“ werden die wichtigsten Originalarbeiten aus der internationalen Fachliteratur referiert.

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Die Entfernung der Gaumenmandeln mit oder ohne Rachenmandel verursacht Schmerzen. Bei Kindern, die sich solchen Eingriffen unterziehen müssen, können die damit verbundenen Schluckbeschwerden zur Dehydratation führen, weshalb eine wirksame Analgesie unabdingbar ist. Ibuprofen ist dafür zweifelsfrei geeignet. Doch es gibt Bedenken, die Substanz könne über ihre plättchenhemmende Wirkung das Risiko für schwere Blutungen steigern, auch wenn der inhibitorische Effekt im Gegensatz zu ASS reversibel ist. Zudem ist mit Paracetamol eine diesbezüglich unproblematische Alternative verfügbar.

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Eine Tonsillektomie verursacht Schmerzen und erfordert unbedingt eine wirksame Analgesie.

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Bisherige Untersuchungen hatten jedoch kein erhöhtes Blutungsrisiko für Kinder nach Tonsillektomie bzw. Adenotonsillektomie gezeigt. Allerdings waren sie in ihrer Aussagekraft beschränkt. Gillian Diercks von der Harvard Medical School in Boston und Kollegen haben die Häufigkeit von schweren Blutungen nach Mandelentfernungen unter der Analgesie mit Ibuprofen einerseits und Paracetamol andererseits verglichen. Den Forschern ging es darum herauszufinden, ob Ibuprofen und Paracetamol mit Blick auf die Häufigkeit hämorrhagischer Komplikationen als gleichwertig anzusehen sind.

Diercks und Kollegen konzipierten eine randomisierte Nichtunterlegenheitsstudie, in der Null- und Alternativhypothese gegenüber sonstigen Vergleichsstudien von Medikamenten vertauscht sind. Statt die Gleichwertigkeit anzunehmen und anschließend eine Differenz nachzuweisen, wird hier umgekehrt ein Unterschied behauptet und nach Möglichkeit widerlegt.

Studienteilnehmer waren rund 700 Kinder im Durchschnittsalter von fünf Jahren. Sie wurden in zwei Gruppen aufgeteilt; die einen bekamen postoperativ neun Tage lang alle sechs Stunden 10 mg/kg Ibuprofen, die anderen 15 mg/kg Paracetamol. Primärer Endpunkt der Studie war die Häufigkeit von schweren postoperativen Blutungen, also solchen, die ein chirurgisches Eingreifen erforderten.

Solche operationsbedürftigen Hämorrhagien betrafen 2,9 % der Kinder in der Ibuprofen- und 1,2 % der Kinder in der Paracetamolgruppe. Der Nachweis der Nichtunterlegenheit von Ibuprofen gelang nicht. Die Obergrenze des einseitigen 97,5 %-Konfidenzintervalls in Richtung zunehmender Häufigkeit lag bei 3,8 %, sie übertraf damit die vordefinierte Marke von 3 % für die Nichtunterlegenheit.

„Die Studie konnte nicht ausschließen, dass die Rate schwerer Blutungen bei Kindern, die nach einer Tonsillektomie mit oder ohne Adenoidektomie Ibuprofen erhalten, erhöht ist“, resümieren Diercks und Mitarbeiter. Dieser Befund sollte in die Wahl der postoperativen Analgesie einfließen. Weitere Studien müssten klären, wie sich das Blutungsrisiko darstellt, wenn Ibuprofen kürzer oder mit Paracetamol kombiniert verabreicht werde.

Fazit: Nach den Ergebnissen der vorliegenden Studie ist ein verglichen mit Paracetamol erhöhtes Blutungsrisiko unter Ibuprofen nach Mandeloperationen nicht auszuschließen.