_ Plötzlich auftretende heftige Ohrenschmerzen und Hörstörungen sowie ein reduzierter Allgemeinzustand, eventuell Fieber und ein Paukenerguss weisen klinisch auf eine akute Otitis media hin, wie Prof. Dr. Benno Weber, HNO-Zentrum Mangfall-Inn, Bad Aibling, auf einem Expertenworkshop in München ausführte.

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„Gut im Futter“ lautet die aktuelle Diagnose beim GKV-Sparschwein.

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Dr. med. Peter Thilemann, niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in München, machte auf einen Risikofaktor für wiederkehrende Atemwegsinfektionen aufmerksam, der in der heutigen Zeit immer mehr an Gewicht gewinnt: die früh einsetzende umfangreiche Fremdbetreuung. Die Trennung von den Eltern führe vor allem bei Kindern unter zwei Jahren zu Stress, der sich auch objektiv mit einem nachmittags erhöhten Cortisolspiegel nachweisen lasse. Dieser beeinträchtigt die Immunabwehr. In Gemeinschaftseinrichtungen betreute Kinder werden deshalb nicht nur häufiger mit viralen Infekten konfrontiert, sondern sind auch noch verstärkt anfällig dafür.

Gerade berufstätige Eltern sind aber darauf angewiesen, dass ihr Kind schnell wieder gesund wird, damit es am nächsten Tag wieder in die Kita oder den Kindergarten gehen kann. Viele von ihnen dringen deshalb auf den Einsatz von Antibiotika, weil sie von dieser Therapie — zu Unrecht — einen schnelleren Heilungsverlauf erwarten.

Mit guten Argumenten lassen sich jedoch die meisten Eltern davon überzeugen, mit Antibiotika zunächst abzuwarten:

  1. 1.

    Die häufigsten Erreger der akuten Otitis media sind Viren, gegen die Antibiotika nicht helfen.

  2. 2.

    Die Patienten werden unter Antibiotika nicht schneller wieder gesund.

  3. 3.

    Antibiotika haben auch auf die starke Schmerzsymptomatik in den ersten ein bis zwei Tagen keinen Effekt.

  4. 4.

    Antibiotika haben eine Reihe von Nachteilen für die Kinder.

  5. 5.

    Die meisten Erkrankungen heilen unter einer symptomatischen Therapie mit Analgetika, abschwellenden Nasentropfen und naturheilkundlichen Präparaten gut ab.

Sofort sei der Einsatz von Antibiotika nur in seltenen Fällen indiziert: Bei Kindern unter sechs Monaten, beidseitiger Erkrankung, sichtbaren Eiteransammlungen oder Immundefekten. Auch wenn es keine Möglichkeit einer zeitnahen Kontrolle des Patienten gibt, gehe man mit der Antibiose auf die sichere Seite.