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Die KV Bayern hat die ernüchternden Ergebnisse eines Gutachtens zu Kostenstruktur und Einkommen in bayerischen Praxen ein Jahr lang zurückgehalten. Drängt sich die Frage auf: Warum wohl?

Prof Dr. med Gerhard Grevers Chefredaktion

Wieder mal Aufregung um die KV. Diesmal geht es um ein brisantes Gutachten zu Kostenstruktur und Einkommen in bayerischen Praxen. Und wie so oft, wenn es sich um den schnöden Mammon dreht, wird gerne verschleiert, was nicht ins Konzept passt. So lief es auch mit dem sogenannten Neubauer-Gutachten, das die KV Bayern beim Institut für Gesundheitsökonomik in München in Auftrag gegeben hatte; Zahlmeister wie üblich die niedergelassene Ärzteschaft des Freistaats. Die hält ja einiges aus, wie man weiß. Die ernüchternden Ergebnisse des bereits im September 2015 (kein Schreibfehler, 2015!)vorgelegten Gutachtens wurden jedoch bis dato unter Verschluss gehalten.

Analysiert wurden Kostenstruktur und Honorare fünf verschiedener Facharztgruppen in Bayern (u.a. auch HNO-Ärzte). Resumee wie erwartet: In keiner der untersuchten Facharztgruppen konnte im Durchschnitt ein angemessenes Arzteinkommen erzielt werden. Als Referenz für „angemessen“ wurden Einkünfte anderer Freiberufler, sowie die Gehälter von angestellten Oberärzten und kalkulierte Einkommen von Honorarärzten herangezogen. Nun dürfte keinen, der im Freistaat Kassenmedizin betreibt, das Ergebnis dieses Gutachtens ernsthaft überraschen; umso verwunderlicher, dass dieses von Seiten des KV-Vorstandes ein Jahr zurückgehalten wurde.

Anfang Oktober dann der „Eklat“. Ein Mitglied des Vorstands der bayerischen KV stellte die „brisanten“ Fakten eigenmächtig ins Netz; große Empörung und öffentlicher Brandbrief der KV-Oberen folgten auf dem Fuße (www.kvb-de, Suchbegriff: neubauer gutachten). Der Kollegin wurden sofort wahltaktische Manöver unterstellt (die KV-Neuwahlen Mitte Oktober standen gerade bevor!), obwohl sie eigentlich nur öffentlich gemacht hatte, was längst hätte zugänglich gemacht werden müssen. Vielleicht ist aber auch die Arbeitsbelastung der hochdotierten KV-Spitze schlicht zu groß, um sich um solche „peanuts“ zu kümmern. Sei’s drum, die Reaktionen der niedergelassenen Ärzteschaft, die das Ganze im Internet kommentierten, sind ziemlich eindeutig.

Andere Probleme haben zur Zeit die gesetzlichen Krankenkassen, die sich wieder mal im Rahmen des Risikostrukturausgleichs (RSA) bekriegen. Analog zum Länderstrukturausgleich erhalten die mit weniger gesunden und mehr kranken Patienten gesegneten Kassen mehr Geld aus dem Gesundheitsfond als diejenigen mit überwiegend gesunden Mitgliedern. Und es gibt viel zu verteilen aus diesem Fond, ganze 210 Milliarden pro Jahr. Da ist natürlich jeder gerne vorne mit dabei beim Abgreifen.

Nun sollen manche Kassen allerdings Vertreter in Kliniken schicken, um den Ärzten dort beim Codieren ein wenig Nachhilfe zu geben, sozusagen etwas „detaillierter“ zu verschlüsseln; auf Neudeutsch nennt man das „upcoding“, umgangssprachlich „besch**ßen“. Im Grunde ganz einfach: Die Patienten werden ein bisschen kränker codiert, zum Wohle der Klinikbilanz und der betreffenden Kassen, die dadurch verstärkt aus dem Gesundheitsfonds alimentiert werden. Und das stinkt, wie man jetzt mehrfach, u.a. in der FAZ, nachlesen konnte, einem Herrn Baas, seines Zeichens Chef der Technikerkrankenkasse und von Haus aus Chirurg, dessen Kasse überwiegend gesunde Mitglieder zählt und deshalb weniger von den Zahlungen aus dem Gesundheitsfonds profitiert, weil er sich, obwohl finanziell gut aufgestellt, dadurch benachteiligt fühlt.

Sie sehen, auch zum Jahresende geht es weiterhin bunt zu im deutschen Gesundheitswesen und zwar in allen Bereichen; und das wird sich sicherlich auch im nächsten Jahr kaum ändern. In Wahljahren wird ja bekanntlich besonders viel gelogen.

Dennoch: Genießen Sie geruhsame Feiertage und starten Sie gut ins Neue Jahr.

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