Hintergrund und Problemstellung:
Die medikamentöse Vorbehandlung mittels einer entsprechenden Aufsättigung („loading dose“) mit Acetylsalicylsäure und Clopidogrel ist heute Standard in der Behandlung von Patienten, die sich einer koronaren Intervention mit Stentimplantation unterziehen. Das Prinzip der dualen Plättchenhemmung hat zu einer drastischen Reduktion akuter und subakuter Stentthrombosen und zum „Siegeszug“ der Stentimplantation geführt. Interindividuelle klinische und/oder genetische Unterschiede zeigen jedoch ein unterschiedliches Ansprechen auf die Aufsättigung der Thrombozytenaggregationshemmer (Responder, Low- Responder). Mittels eines entsprechenden Thrombozytenfunktionstests ist es heute möglich, die Thrombozytenfunktion zu messen und ein Regime mit einer individuellen Aufsättigungsdosis festzulegen. Ziel dieser Studie war es festzustellen, ob eine solche Clopidogrelbehandlung zu einer Reduktion der akuten und subakuten Stentthrombosen führt. Studienleiter war L. Bonello, Marseille, Frankreich.
Methodik | |
Studiendesign | Randomisiert |
Primärer Endpunkt | Akute oder subakute Stentthrombosen |
Sekundäre Endpunkte | MACE – Tod, Myokardinfarkt, TVR, Blutung nach 30 Tagen |
Patientenauswahl | Einschlusskriterien: Patienten mit koronarer Herzerkrankung (ACS oder stabile Angina pectoris) Ausschlusskriterien: Akuter Myokardinfarkt (NSTEMI, STEMI, kardiogener Schock) |
Anzahl der teilnehmenden Zentren | 8 |
Ergebnisse (*p < 0,05) | ||
Kontrolle | Thrombozytenfunktionstest | |
Patientenanzahl | n = 215 | n = 214 |
Patientencharakteristika | Beide Gruppen waren hinsichtlich der Ausgangsparameter vergleichbar | |
Primärer Endpunkt | ||
Stentthrombose | Nach 4 Wochen | |
Akute Stentthrombose | 2 (0,9%) | 0 |
Subakute Stentthrombose | 8 (3,7%) | 1 (0,5%)* |
Frühe Stentthrombose | 10 (4,7%) | 1 (0,5%)* |
Sekundärer Endpunkt | ||
Tod | 4 (1,8%) | 0* |
Myokardinfarkt | 10 (4,8%) | 1 (0,5%)* |
Revaskularisation (TVR) | 5 (2,3%) | 0* |
MACE (alle) | 19 (8,9%) | 1 (0,5%)* |
Blutung (major) | 2 (0,9%) | 2 (0,9%) |
Blutung (minor) | 4 (1,9%) | 6 (2,8%) |
Blutung (alle) | 6 (2,8%) | 8 (3,7%) |
Evidence-based-Medicine-(EBM-)Score | ||
Klinischer primärer Endpunkt | Ja = 3 Nein = 0 | 3 |
Doppelblind (einschließlich Ärzten) | Ja = 1 Nein = 0 | 0 |
Beobachtungsintervall für den primären Endpunkt ≥6 Monate | Ja = 1 Nein = 0 | 0 |
Multicenter (mindestens 3 Zentren) | Ja = 1 Nein = 0 | 1 |
Externes und vom Steering Committee unabhängiges Clinical Event Committee/DSMB (Datensicherheit-Monitoring-Board) | Ja = 1 Nein = 0 | 1 |
Primärer Endpunkt erreicht | Ja = 1 Nein = 0 | 1 |
Power von ≥80% für den primären Endpunkt erreicht | Ja = 1 Nein = 0 | 1 |
Anteil des Follow-up der Patienten für angiographischen primären Endpunkt ≥80% und ≥95% für klinischen primären Endpunkt | Ja = 1 Nein = 0 | 1 |
Gesamt-EBM-Score | 8 | |
„Silber-Score“ für randomisierte, kontrollierte Studien (RaCT) oder kontrollierte Registerstudien (ReCT mit präspezifizierter Kontrollgruppe und Power-Kalkulation); es sind maximal 10 Scorepunkte möglich (J Interv Cardiol 2006;19:485–92) |
Schlussfolgerung und Kommentar:
Die Ergebnisse dieser doch eher kleinen randomisierten multizentrischen Studie belegen, dass 40–50% der Patienten (Responder 55%, Low-Responder 37%, Nonresponder 8%) eine individuelle Aufsättigungsdosis zur effektiven Hemmung der Thrombozytenfunktion bei elektiven Eingriffen benötigen. Dies spiegelt sich auch in den klinischen Ergebnissen wider, die in der Gruppe mit Thrombozytenfunktionstest bei unveränderten Blutungskomplikationen signifikant besser waren. Ob diese kleine Studie letztendlich zu einem Paradigmenwechsel in der interventionellen Kardiologie führt, müssen sicher größere Studien beweisen. Tatsache ist jedoch, dass die Problematik einer effektiven Thrombozytenfunktionshemmung kein Einzelfall ist, sondern fast 40–50% aller interventionell behandelten Patienten betreffen kann. Die Frage einer individuellen effektiven Plättchenhemmung im Fall der primären PCI bleibt mit den heutigen Möglichkeiten leider weiter unbeantwortet.
T.F.M. Konorza, Essen
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Consortia
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AHA 2008, New Orleans, LA, USA
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-. TAILORED. Herz 34, 74 (2009). https://doi.org/10.1007/s00059-009-3207-8
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