Muss der Arbeitgeber das Ergebnis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements umsetzen, um eine krankheitsbedingte Kündigung zu vermeiden?

Ist ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber auf der Grundlage des § 167 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchführen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem mit Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Arbeitnehmervertretung im Betrieb geklärt werden soll, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Muss der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer innerhalb von zwei Jahren in jedem Jahr mehr als sechs Wochen Entgeltfortzahlung wegen Krankheit gewähren, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vor, und damit eine der Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung (BAG 12.07.2007, 2 AZR 716/06). Führt der Arbeitgeber kein bEM durch und kündigt er dem Arbeitnehmer, muss er in einem Kündigungsschutzprozess nachweisen, warum ein bEM nutzlos gewesen wäre. In einem Fall, über den das LAG Schleswig Holstein in diesem Frühjahr entschied, ging es um eine Kassiererin, die mehrere Jahre lang deutlich länger als sechs Wochen pro Jahr aufgrund häufiger Kurzerkrankungen arbeitsunfähig war. Ein bEM führte zur Empfehlung des Betriebsarztes, die Kassiererin an die Information zu versetzen (wo sie bereits früher eineinhalb Jahre lang tätig war) oder sie teilweise an der Kasse und teilweise an der Information einzusetzen. Der Arbeitgeber sprach jedoch eine Kündigung aus. Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage, mit Erfolg. Das LAG Schleswig Holstein (11.04.2018 — 6 Sa 361/17) stellte fest, dass die Kündigung nicht das mildeste Mittel war. Die Interessenabwägung ging deshalb zugunsten der Arbeitnehmerin und die Kündigung war unwirksam. Der Arbeitgeber hätte die Empfehlung des Betriebsarztes umsetzen müssen. Die Arbeitnehmerin hatte während ihrer Tätigkeit an der Information kaum krankheitsbedingte Fehlzeiten.